Würde ich behaupten, dass ich zwei linke Hände habe, wäre das etwas untertrieben. Schließlich gibt es einige Menschen, die mit Links einiges schaffen und auch jemand, der kein Linkshänder ist, kann mit der linken Hand grundlegende Aufgaben erledigen. Das schaffe ich durchaus auch und kann da und dort auch meine linke Hand sinnvoll im Alltag einsetzen. Geht es aber um handwerkliche Tätigkeiten, dann versagt meine Motorik komplett. Ich bin nicht dafür gebaut, Papier zu verkleben, etwas auszuschneiden, zu sägen, zusammenzustecken und was man sonst noch so tun muss, wenn man bastelt. Allerdings bin ich eine motivierte Mutter und irgendwie finde ich, dass man auch mal basteln sollte. Aber wie geht man dieses Projekt an, wenn man selbst keinerlei Kompetenz in dem Themengebiet mitbringt?
Feinmotorik
Eigentlich sollte meine Hausarbeit da und dort auch den Einsatz meiner Hände bedingen. Beispielsweise beim Kochen kommt es immer wieder mal vor, dass etwas geschnippelt werden muss. Also meistens Gemüse, das in gleich große, oder wenigstens annähernd fast ähnlich große Würfel, oder Streifen geschnitten werden muss. Soweit der Plan. In der Umsetzung wird das aber meistens nichts. Die Teile werden einfach nicht gleich groß und am Ende habe ich eine inhomogene Gruppe an Gemüseteilen auf dem Schneidbrett, die nicht einmal eine ähnliche Form haben. Zum Glück isst das Auge nur im Sprichwort mit und Kinder sind, was eine anspruchsvolle Gastronomie angeht, nicht die wichtigste Zielgruppe. Auch mein Mann hat sich an die Optik meines Essens gewöhnt und verzichtet auf Kommentare dazu.
DIY-Bewegung
Mit meiner Bastelbehinderung habe ich mich ganz gut durch meine Schulzeit geschummelt. Später im Berufsleben ist die Bastelkompetenz selten gefragt. Also habe ich, trotz schlecht ausgeprägter Feinmotorik und Fehlen jedes Fingerspitzengefühls, eine ganze Weile gut gelebt. Sogar als Mutter habe ich mich erfolgreich von Projekten, die Kompetenz in diesem Bereich voraussetzen, drücken können. Nur habe sich plötzlich drei Buchstaben breit gemacht, die immer breiter werden. DIY steht für Do It Yourself. Was wie ein aufmunternder Zuruf klingt, ist die Kurzbezeichnung einer Bewegung, die nach und nach die Gesellschaft durchdringt. Wenn meine Eltern mir einen prächtigen Flicken über ein Loch in der Hose genäht haben, war das eher peinlich. Heute ist es der Ausdruck der Fingerfertigkeit, des Umweltbewusstseins, des ausgeprägten Gefühls für Mode und natürlich des exzellenten Zeitmanagements der Vorzeigemutter. Wahrscheinlich wird man zusätzlich für seine Fachkunde und die professionelle Nähmaschine bewundert. So ändern sich die Zeiten.
Handwerk steht vor der Tür
Was ich müde belächle, während ich kaputte Kleidungsstücke wahlweise entsorge, oder meiner Schwiegermutter, die als Schneiderin gearbeitet hat, vorlege, nimmt immer mehr zu. Es gehört immer mehr zum guten Ton, dass man handwerklich aktiv wird und Dinge eben selbst produziert. Ich gerate also zunehmend in Bedrängnis und kann mich schlecht hinter meiner fehlenden Begabung verstecken, wenn ich nicht negativ auffallen will. Also wird es wohl Zeit, sich mit dem Thema DIY, oder Basteln auseinanderzusetzen. Zum Glück gibt es dazu eine breite Auswahl an Blogs. Also lese ich erst einmal in einem DIY-Blog, und orientiere mich. Schließlich gibt es ja ausreichend begabtere Menschen, die bereit sind, ihr Wissen mit der Menschheit zu teilen. Da finde ich bestimmt etwas, was keine hohen Anforderungen an die Ausführende stellt.
Support
Zum Glück überspringt das Unvermögen, einfache Bastelarbeiten zu erledigen, mitunter eine Generation. So habe ich drei begabte kleine Bastler daheim. Zumindest sind sich schon einmal deutlich motivierter als ich. Mit dieser Unterstützung kann es eigentlich nicht mehr schief gehen. Also habe ich mich mit der Materie auseinandergesetzt und einen Plan erstellt, wie ich mit meinen Kindern erste Bastelarbeiten erledigen kann. Im ersten Schritt werde ich mal die komplizierten Dinge, wie filigrane Origami-Meisterwerke weglassen. Ich wage mich zuerst an Klassiker, wie den Bilderrahmen aus Eisstielen. Eines haben meine Recherchen allerdings ergeben. Auch wenn man da und dort etwas Geld sparen kann, lohnt es sich meist, wenn man auf qualitative Materialien setzt.
Qualität
Es ist nicht in allen Lebensbereichen so, dass teurere Produkte automatisch besser sind. Beim Basteln ist es aber so. Wenn die Klebertube nicht ausläuft, wenn man sie zur Seite legt, die Schere das tut, was man von ihr erwartet und das restliche Material den Belastung standhält, die ihre Verwendung als Bastelmaterial mit sich bringt, dann hat man bessere Karten. Ich bin sicher keine Markenfetischistin. Normalerweise kaufe ich bevorzugt beim Discounter und lege keinen Wert darauf, was hinten auf meiner Jeans zu lesen ist. Aber ich weiß, dass es sich lohnt, bei Werkzeug auf die großen Marken zu setzen. Es geht dabei tatsächlich um Patente und Erfahrung. Kopien halten normalerweise nicht, was sie versprechen. Beim Basteln ist es ganz ähnlich. Nutzt man schlechte Materialien, dann kann man auch nur ein schlechtes Ergebnis erwarten. Das ist ähnlich wie beim Kochen.
Geduld
Der wahrscheinlich komplizierteste Punkt ist es, die notwendige Geduld aufzubringen. Ich mag es, wenn Dinge erledigt werden. Ich starte meine Projekte und erledige sie, so schnell es geht. Beim Basteln gibt es immer wieder Phasen, in denen man warten muss. Auch gibt es, je nach Projekt, Abschnitte, in denen man nur langsam vorankommt. Das passt leider nicht zu meinem Charakter. Mittlerweile haben meine Kinder mehr Ausdauer, als ich, wenn es darum geht, etwas geduldig zu Ende zu bringen. Ich bin nicht stolz darauf, aber ich kann es nicht ändern. Stundenlanges Basteln ist einfach nicht mein Ding. Allerdings würde ich natürlich auch gerne einmal etwas präsentieren, das ich mit meinen Kindern gebastelt habe.
Betreutes DIY
Also verlege ich mich auf Projekte, die die Kinder alleine bewältigen. Meine Rolle dabei ist es, die Materialien zu besorgen, sie bereitzulegen und den Arbeitsbereich vor Verschmutzungen und Beschädigungen zu schützen. Die Anleitungen findet man leicht auf passenden Blogs, auf Youtube, oder Pinterest. Die Kunst besteht lediglich darin, die Projekte auszuwählen, die Kinder umsetzen können. Dann wird eingekauft, abgeklebt und schon kann meine DIY-Mannschaft mit der Umsetzung beginnen. Wenn es nicht perfekt wird, dann ist das auch keine große Sache. Schließlich sollen sich die Dinge ja von den perfekten Stücken aus dem Handel unterscheiden. Die persönliche Note, die Fehler und die schiefe Gesamtoptik sind doch genau der Charme, den man sich wünscht, wenn man seinen Kindern die künstlerische Freiheit und die Gesamtprojektleitung überträgt, oder?
Fehlgeleiteter Perfektionismus
Dagegen spricht nur eine Sache. Geht es um Arbeiten in der Schule, dann haben meine Kinder einen vergleichsweise geringen Anspruch an die Ausführung und Qualität. Bei anderen Projekten kann es passieren, dass die einen augeprägten Ehrgeiz entwickeln. Das macht es schwierig, meine Idee umzusetzen. Geplant wäre, dass ich mich mehr, oder weniger unbeteiligt in der Nähe aufhalte und darauf achte, dass die Kinder sich nicht verletzten und die Wohnung nicht leidet. Entspricht das Ergebnis, oder ein Zwischenschritt nicht der Erwartung der Kinder, dann klappt das nicht. Dann wenden sie sich hilfesuchend an mich und ich bin gezwungen in das Projekt einzusteigen. Es wird mir also nichts übrig bleiben, als meine Bastelkompetenz zu steigern.
Der ideale Zeitpunkt
DIY passt eigentlich zu jeder Jahreszeit. Jetzt in der Vorweihnachtszeit gibt es aber unzählige Möglichkeiten, sich basteltechnisch zu verwirklichen. Ich werde die Gunst der Jahrezeit also nutzen und mir als erstes ein Adventprojekt ausdenken. Vielleicht starte ich ja erst einmal mit einer Kerze, die wir mit buntem Wachs verzieren? So ein Projekt ist einfach und ohne viel Aufwand umzusetzen. Die Kinder können sich verwirklichen und die Ergebnisse können, egal wie sie aussehen, auch hervorragend verschenkt werden. Ich gehe einmal davon aus, dass kaum jemand sich über ein mißlungenes Kunstwerk freut, wenn man aber berücksichtigt, dass das Stück mit viel Liebe hergestellt wurde, dann gleicht das optische Mängel locker aus. Eine Kerze zu verschenken hat aber noch einen weiteren Vorteil. Welches Geschenk kann man schon ruhigen Gewissens verbrennen, wenn es nicht gefällt?
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