Wenn Herbert Grönemeyer mich fragen würde „Wann ist ein Mann ein Mann?“, dann hätte ich eine Antwort für ihn. Auf der Toilette! Männer pinkeln im Stehen, wenn man sie lässt. Wer ein Rollenmodell daheim hat, das das regelmäßig vorlebt, der wird argumentativ beim männlichen Nachwuchs schlechte Karten haben. Dummerweise trifft das gerade auf mich zu.
Es ist soweit, endlich pinkeln
Im Leben eines kleinen Mannes gibt es zwei ganz besondere Tage. Der erste ist der, an dem er groß genug ist um sein bestes Stück über den Rand der Toilettschüssel zu halten, wenn er davor steht. Der zweite ist dann, wenn er hoch genug ist, vor dem Pissoir auf der öffentlichen Toilette dasselbe Kunststück zu zeigen. Mein Sohn hat den ersten, dieser großartigen Tage vor einigen Wochen erreicht. Was den kleinen Mann freut macht der großen Frau mächtig Arbeit. Ist ja schön, wenn er seine männliche Freiheit, lässig vor der Toilette stehend, auslebt, aber ist es wirklich notwendig dabei große Bereiche der Toilette unter Wasser, oder eigentlich unter Pipi zu setzen?
Der Preis der Freiheit
Sein Kind zur Selbstständigkeit zu erziehen und auch auf seine Bedürfnisse einzugehen, ist wunderbar und normalerweise auch ganz richtig. Aber der Preis, den ich mindestens dreimal die Woche für die Freiheit meines Sohnes beim Pinkeln bezahle ist ziemlich hoch. Es gibt nämlich ein paar Probleme in der Handhabung der Zielvorrichtung. Naja, die Größenverhältnisse Toilettschüssel zu (nennen wir es) Hüfthöhe sind etwa 1:1. Klappt man die Brille hoch, dann geht sich ein lockeres Ablegen gerade so aus. Steht der kleine Prinz etwas schlampig vor der Keramik, dann verändert sich das Verhältnis zu seinen Ungunsten und der Ansatz der Wurzel des Übels kommt tiefer zu liegen, als der Toilettenrand. Statt sich aufzurichten und die Hüfthöhe wieder über Toilettenniveau zu heben, wird ein ungünstiger Winkel von etwa 20-40° in Kauf genommen. Die (nennen wir es) Zielvorrichtung zeigt also leicht nach oben und, wie es der Zufall so will, ist gerade in solchen Situationen der Druck enorm.
Jung und weit
Die Prostata limitiert mit zunehmenden Alter den Druck bei den Männern. Bei kleinen Jungs ist davon aber noch wenig zu merken. Da kommt richtig Druck auf die Leitung und der Strahl überwindet weite Strecken, bevor die Tropfen an Geschwindigkeit verlieren und langsam sinken. Statt einer Parabel beschreibt das Pipi also eher eine Gerade. Zeigt die (wir nennen es immer noch) Zielvorrichtung in besagtem Winkel nach oben, dann ist die Kombination mit hohem Druck auf der Blase und unmerklich ausgebildeter Prostataverhärtung ein guter Grund, die Wand hinter der Toilette zu verfliesen. Erschwerend kommt zu der, ohnehin schon sehr unangenehmen Kombination, eine zusätzliche Komponente. Das macht dummerweise Spaß! In kleinen Jungs schlummert nun mal auch ein Feuerwehrmann und wenn man schon mal einen (nennen wir es diesmal) Schlauch zur Hand hat und der dann auch noch unter Druck steht, dann wird das ausgenützt. Ist der Spieltrieb befriedigt kommt mein Auftritt.
Den Mop immer dabei
Im Regelfall wird der Nachwuchs-Feuerwehrmann zur Toilette eskortiert. Schleicht er sich lautlos auf den stillen Ort, dann kann ich auch nicht eingreifen. Was mit etwas Fingerspitzengefühl aus der zweiten Reihe korrigiert werden kann, wenn ich hinter ihm stehe, das läuft und spritzt schief, wenn er unbeaufsichtigt pinkelt. Der Mop und ich sind dieser Tage schon auf Du und er ist oft im Einsatz, wenn wieder eine kleine Renovierung und Trockenlegung ansteht.
Erziehung zum Sitzpinkler
Jetzt wirst Du vielleicht meinen, dass man so einen kleinen Rabauken doch kurzerhand zum Sitzpinkeln umschulen kann. Abgesehen davon, dass er das nicht mag und auch vom Papa vorgelebt bekommt, wie es sein soll, bringt es nicht. Ich gratuliere ganz herzlich, wenn Dein Vierjähriger seine (nennen wir es nochmal) Zielvorrichtung souverän im Griff hat und jeden Tropfen virtuos platziert, wo er hingehört. Die Anatomie meines Sohnes scheint das meist auszuschließen. Im Stehen geht es über die Toilette und im Sitzen vorne raus. Welche Stellung er auch immer annimmt, mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 5-10% geht es daneben.
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