Als ich ein Kind war, war Sicherheit eher ein Randthema. Die Autos stießen dicke blaue Rauchwolken aus und hatten weder Sicherheitsgurte noch Kopfstützen. 1970 gab es in Deutschland noch ca. 21.300 Verkehrstote. Seit 1974 rettet Sicherheitsgurt etwa 2.000 Deutschen jedes Jahr das Leben. Genauso reduzierten die Kopfstützen, die 1976 verpflichtend vorgeschrieben wurden, die Anzahl der Toten auf 17.000 pro Jahr. Dann kam die Gurtpflicht, dann ein Bußgeld bei Verstoß dagegen und 1991 Airbags. Dass Autos immer sicherer werden, zeigt die Zahl von 2.830 Verkehrstoten im Jahr 2023. In 50 Jahren ist die Anzahl der Toten um fast 87 Prozent gesunken. Die Autos haben in puncto Sicherheit also dramatisch aufgerüstet. Gleichzeitig hat sich bei den Fahrrädern eigentlich nichts geändert. Waren 1970 etwa 5 Prozent der Verkehrstoten mit dem Fahrrad unterwegs, so sind es heute rund 17 Prozent, oder 474 Menschen. Wenn ich so aus dem Fenster sehe und darüber nachdenke, dass wir die Fahrräder langsam für die neue Saison vorbereiten sollten, dann beunruhigt mich diese Statistik. Was kann ich tun, um meine Kinder beim Radfahren zu schützen?
Blinder Fleck in der Sicherheit
Eigentlich ist es erschreckend. Hier in Wien merkt man sehr deutlich, dass es einen Trend zum Fahrrad gibt. Je näher man der Innenstadt kommt, oder rund um die Universitäten gibt es massiven Fahrradverkehr auf dem gut ausgebauten Radwegenetz. Allerdings hat der Gesetzgeber offensichtlich in den letzten Jahrzehnten nichts für den Schutz der Fahrradfahrer getan. Damit steht Österreich nicht alleine da. Hier gibt es eine Helmpflicht bis zum 12. Lebensjahr. In Deutschland gibt es gar keine Pflicht! In Europa gibt es lediglich in Finnland eine generelle Helmpflicht, die aber nicht sanktioniert wird. In Spanien und der Slowakei muss man außerhalb des Ortsgebiets Helme tragen und in Ungarn besteht die Helmpflicht für Fahrradfahrer, wenn sie schneller als 40 km/h unterwegs sind. In Tschechien gilt die Pflicht bis zum 18. Lebensjahr und in Spanien bis zum 16.. Ansonsten, je nach Land, bis zum 15. bzw. bis zum 12. Lebensjahr. Ich bin nach meiner Recherche ziemlich überrascht. Während man im Auto einen Unfall mit hoher Geschwindigkeit, dank moderner und gesetzlich verpflichtender Einrichtungen, mit hoher Wahrscheinlichkeit überlebt, gibt es bei den Fahrrädern nahezu keinen vorgeschriebenen Schutz. Man kann sich mit Flip-Flops und kurzen Hosen auf jedes Fahrrad setzen und einfach am Straßenverkehr teilnehmen!
Ahnungslos und ungeschützt
Dazu kommt außerdem, dass es in keinem Land in Europa so etwas, wie eine Lenkerberechtigung für Fahrräder gibt. Man kann sich also komplett ungeschützt und ohne einen Plan von Verkehrsregeln zu haben, einfach auf ein Fahrrad setzen und durch die Gegend fahren. Dazu kommt, dass es keine Kennzeichen an Fahrrädern gibt. Damit gibt es auch kaum Möglichkeiten, Fehlverhalten zu melden. Die Fahrradfahrer sind nicht zu identifizieren. Obwohl es in unserer Gegend relativ wenige Radfahrer gibt, muss mein Mann beim Autofahren viel Rücksicht nehmen, wenn er Fahrradwege kreuzt, oder generell am neben Fahrrädern fährt. Sie fahren gegen Einbahnen, biegen plötzlich ab und ignorieren Ampeln und Verkehrszeichen. Soweit so gut, kombiniert man aber die beiden Sachverhalte, dann ergibt das eine ziemlich brisante Mischung. Fahrradfahrer begeben sich Tag für Tag in Lebensgefahr und sind dabei ungeschützt. Ein Fahrrad ist im Grunde heute dasselbe wie vor 50 Jahren. Ein Metallrahmen mit zwei Rädern. Die Bremsen sind besser geworden, verpflichtende Beleuchtung und Reflektoren verbessern die Sichtbarkeit, aber im Grunde ist man immer noch schutzlos dem Straßenverkehr ausgeliefert.
Kinder auf dem Fahrrad
Bis zum 12. Lebensjahr ist ein Fahrradhelm in Österreich Pflicht, wenn die Kinder selbst auf der Straße fahren, oder im Kindersitz sitzen. Dazu benötigen sie auch einen Fahrradausweis. Ab 12 Jahren gibt es keine Einschränkung mehr. Auch wenn das Gesetz nicht weit reicht, hat es doch einen Effekt. Meine Kinder haben gelernt, dass es normal ist, einen Fahrradhelm zu tragen. Das tun sie gerne auch jetzt, obwohl zwei von ihnen dazu nicht mehr verpflichtet sind. Nachdem der Fahrradhelm das einzige ist, was ich neben dem Versuch, sie für die Gefahren des Straßenverkehrs zu sensibilisieren, für ihre Sicherheit auf dem Fahrrad tun kann, lege ich großen Wert darauf. In dieser Studie des HFC Human-Factors-Consult GmbH aus dem Jahr 2017 wurde ermittelt, dass durch das Tragen von Fahrradhelmen zwischen 20 % der Kopfverletzungen bei Leichtverletzten und bis zu über 80 % bei besonders schwer Verletzten vermieden werden können. Parallel dazu müssen die Kinder lernen, sich im Straßenverkehr richtig zu verhalten. Es ist wichtig, dass sie die anderen Verkehrsteilnehmer wahrnehmen und deutlich machen, was sie vorhaben. Sie müssen darauf achten, dass die Autofahrer abschätzen können, wohin sie fahren und sich darauf verlassen können, wie sie sich verhalten werden.
LKWs in der Stadt
LKWs gehören zu den größten Gefahrenquellen für Kinder im Straßenverkehr – besonders auf dem Fahrrad. Die Kombination aus eingeschränkter Sicht durch tote Winkel, dem hohen Gewicht und dem oft engen städtischen Raum macht Rechtsabbiegeunfälle mit LKWs zu einem realen Risiko. Viele Kinder unterschätzen diese Gefahr, weil sie sich instinktiv auf ihre Sichtbarkeit verlassen und nicht erfassen können, dass ein LKW-Fahrer sie trotz unmittelbarer Nähe nicht wahrnimmt. Um meine Kinder für diese Gefahr zu sensibilisieren, habe ich früh mit ihnen über das Thema gesprochen und es auch praktisch erklärt. Wir haben gemeinsam beobachtet, wie groß der tote Winkel bei verschiedenen Fahrzeugen sein kann und dass dieser insbesondere beim Rechtsabbiegen eine entscheidende Rolle spielt. Anschaulich wurde dies durch das Üben an geparkten Fahrzeugen – hier konnten die Kinder selbst nachvollziehen, ab welchem Punkt sie im Spiegel verschwinden. Besonders hilfreich war der Vergleich mit größeren Fahrzeugen wie Müllwagen oder Bussen.
Klare Regeln
Ein zentrales Element der Verkehrserziehung war es, klare Regeln für den Umgang mit LKWs zu vermitteln. Dazu gehört, dass beim Anhalten an Kreuzungen grundsätzlich Abstand gehalten wird und kein Aufenthalt rechts neben einem LKW erfolgt. Ebenso wichtig ist es, möglichst hinter dem LKW zu bleiben und sich nicht durch vermeintlich freie Wege in Gefahr zu bringen. Solche präventiven Maßnahmen können zwar nicht jede Gefahr ausschließen, sie erhöhen jedoch die Sicherheit und stärken das Bewusstsein der Kinder für kritische Situationen im Straßenverkehr. In Kombination mit technischen Lösungen wie Abbiegeassistenten oder Spiegelhilfen aufseiten der LKWs kann so ein wichtiger Beitrag zur Unfallvermeidung geleistet werden. Die Verantwortung bleibt dennoch auch bei den Eltern, ihre Kinder frühzeitig und altersgerecht an einen sicheren Umgang mit komplexen Verkehrssituationen heranzuführen.
Der passende Helm
Was auch immer man tut, um seine Fahrrad fahrenden Kinder im Straßenverkehr auf die verschiedenen Situationen vorzubereiten, es gibt nichts Besseres, um sie zu schützen, als ein Fahrradhelm. Hier sollte man nicht sparen und keine Abstriche machen. Schließlich kann das Leben der Kinder davon abhängen und der passende Fahrradhelm muss genauso selbstverständlich sein, wie ein geeigneter Kindersitz, oder der Sicherheitsgurt im Auto. Hierbei gibt es mehrere Aspekte, die man bedenken sollte. Es ist zwar nicht so schlimm, wie bei einem Motorradhelm, aber auch Fahrradhelme sollte man nicht gebraucht kaufen. Stürze können die Sicherheit beeinträchtigen und man kann nie wissen, was mit einem Helm alles passiert ist, bevor man ihn gebraucht kauft. Das Design ist zwar egal, hat aber große Wirkung auf die Akzeptanz. Der Helm muss altersgerecht gestaltet sein und zu den jeweiligen Vorlieben der Kinder passen. Sieht man sich Bestseller Kids Helme an, dann wird schnell klar, dass es sie in unzähligen Designs gibt. Die Gestaltung spielt zwar bei der Sicherheit des Helms keine Rolle, sorgt aber dafür, dass er getragen wird. Das ist die Grundvoraussetzung dafür, dass er seine Schutzwirkung entfalten kann.
Der richtige Sitz
Größe und Passform des Fahrradhelms sind entscheidend für seine Wirksamkeit bei einem Sturz. So muss er zum Kopfumfang des Kindes passen. Gute Helme haben ein Rad an der Rückseite, mit dem man den Umfang einstellen kann. Außerdem muss der Helm etwa 2 Finger über den Augenbrauen und ziemlich waagrecht sitzen. Das Ohr muss in dem Dreieck, das die Riemen seitlich bilden, sitzen und der Riemen muss am Kinn fest sitzen. So ist gewährleistet, dass der Fahrradhelm bei einem Sturz dort bleibt, wo er hingehört und auch dafür sorgt, dass der empfindliche Schädel und das Gesicht geschützt werden. Ein Fahrradhelm, der verrutscht, wenn es zu einem Sturz kommt, ist sinnlos. Zusätzlich braucht ein guter Fahrradhelm auch Lüftungsschlitze, die dafür sorgen, dass es darunter nicht zu heiß wird. Aus dem Grund achte ich auch darauf, dass die Helme meiner Kinder möglichst hell sind. Ein schwarzer Helm heizt sich an einem Sommertag schneller auf und damit möchten die Kinder ihn nicht mehr tragen.
Vorbildwirkung
Klar, dass mein Mann und ich ebenfalls Helme tragen müssen. Es ist zwar nicht Gesetz und aus unserer Kindheit kennen wir es auch nicht, aber nach einigen Ausfahrten hat man sich daran gewöhnt. Auch für uns ist guter Schutz wichtig und nur mit einem Fahrradhelm zu erreichen. Andere Maßnahmen gibt es nicht. Auch wenn es mittlerweile Airbags für Radfahrer gibt, sind diese noch nicht alltagstauglich und auch recht teuer. Man trägt sie in einem Rucksack, der bei einem Sturz auslöst und einen Airbag aufbläst, der Kopf und Nacken schützt. In der Praxis habe ich so etwas aber noch nie gesehen. Es dürfte sich also nicht durchgesetzt haben. Der Fahrradhelm ist also die beste Variante, sich vor schweren Kopfverletzungen bei einem Sturz zu schützen. Nicht weniger Wichtig ist aber das Verhalten auf der Straße. Hier muss man auf der einen Seite darauf achten, dass man von allen anderen gesehen wird und gleichzeitig alle anderen Verkehrsteilnehmer im Auge behalten. Das Wichtigste ist also, dass es garnicht erst zu einem Unfall kommt. Stürzt man doch, dann ist ein Fahrradhelm am Kopf das Beste, das passieren kann.
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