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Kinder in der digitalen Welt

Es ist völlig selbstverständlich geworden, dass wir von Elektronik umgeben sind. In unserer Wohnung gibt es ein paar Echo-Geräte, Smart-TVs, PCs, Notebooks, Tablets und natürlich Smartphones. Dazu haben wir ein elektronisches Türschloss und intelligente Lampen, die wir über Alexa mit Sprache steuern können. Unser Auto hält selbst die Spur, parkt selbstständig ein, hält mit seinem adaptiven Tempomat die Entfernung zum vorausfahrenden Fahrzeug ein und bremst selbstständig, wenn es meint, dass die Situation es bedingt. Lehrer und Eltern kommunizieren elektronisch über verschiedene Plattformen und natürlich bekommen wir kaum Briefpost, sondern alle Informationen per E-Mail. Die Digitalisierung hat uns und wohl auch die meisten anderen Menschen, voll erfasst. Wir Eltern erleben das als eine spannende Entwicklung. Für die Kinder ist das völlig normal. Mein erstes Smartphone habe ich erst im Erwachsenenalter bekommen und viele der Funktionen nur langsam angenommen und nach und nach in meinen Alltag integriert. Meine Kinder kennen es nicht anders. Sie vernetzen sich mit WhatsApp-Gruppen, schicken sich Sprachnachrichten und nutzen die Videotelefonie, um zu kommunizieren. Für Eltern ist das nicht so einfach zu verstehen. Meistens kennen die Kinder die Technik besser als wir. Trotzdem sollen wir die Kinder in der digitalen Welt beschützen.

Elektronik

Es gibt Momente, da sitzen alle drei Kinder nebeneinander auf dem Sofa und beschäftigen sich mit ihrem Handy. Es ist ruhig und sie wirken beschäftigt. Wenn ich daneben mit Haushalt beschäftigt bin, dauert es immer ein wenig, bis es mir auffällt. Ich bemühe mich dann, sie ein wenig von der Elektronik abzulenken, aber dauerhaften Erfolg habe ich damit nicht. Vor allem die beiden Älteren ziehen sich dann in ihr Zimmer zurück. Die Elektronik ist für sie fast so etwas, wie der Lebensmittelpunkt. Die folgen unterschiedlichen YouTubern und jungen Menschen, die als Content-Creator auf anderen Plattformen aktiv sind. Sie unterhalten sich auch gerne über die verschiedenen Entwicklungen. Für meinen Mann und ich ist das ein Buch mit sieben Siegeln. Die schnelllebige Welt des Internets kann man nur verfolgen, wenn man laufend am Ball bleibt. Die Zeit haben wir nicht. Außerdem wirken die Videos, die meine Kinder faszinieren und über die sie miteinander sprechen, ziemlich belanglos. Trotzdem beschäftigen sie die Inhalte, die sie konsumieren, auch offline.

Unterschiedliche Sicht der Dinge

Gut, eigentlich kann ich sie verstehen. Menschen mögen belanglose Inhalte. Die unterschiedlichen Magazine, in denen die angeblichen Sensationen der B- bis Z-Promis breitgetreten werden, leben gut davon. Sieht man zur richtigen Zeit fern, kommt man an diesen Geschichten auch im Fernsehen nicht vorbei. Millionen von Menschen sehen sich das an. Die Kinder und Jugendlichen tun dasselbe, nur mit anderen Protagonisten. Es weckt nun mal das Interesse der Menschheit, wenn wir persönliche Geschichten und Dramen aus dem Leben anderer hören. Im Grunde hat sich daran nichts geändert, nur das Medium ist neu. Was wir Erwachsene für belanglos halten, ist für die Kinder genauso spannend, wie die Thronfolge in England, oder der Tod von Maggie Smith. Eigentlich kann ich das ganz gut nachvollziehen, weil ich selbst ganz gerne mal mit Interesse in der Yellow Press blättere, oder mir eine halbe Stunde auf RTL ansehe, wer mit wem und warum.

Inhalte

Gut, das ist wohl der harmlose Teil der aktuellen Entwicklung. Stars und Sternchen sind heute diejenigen, die Reichweite auf Social Media haben und das Geschäftsmodell dahinter unterscheidet sich nicht von dem, was es seit Jahrzehnten in unterschiedlichen Formen gibt. Allerdings findet dieser harmlose und nachvollziehbare Teil in einem Umfeld statt, in dem andere Gesetze gelten. Wo hinter dem Klatsch und Tratsch meiner Generation eine Redaktion steht, die sich gewissen Grundsätzen verpflichtet, gibt es so etwas im Internet nicht. So wie ich hier alles schreiben kann, was ich für richtig halte, kann das im Internet jeder. Nicht jeder hat dabei gute Absichten und nicht alles, was hier publiziert wird, ist auch für Kinder geeignet. Hier wird es schwierig, denn die Algorithmen der Plattformen sind nicht zu beeinflussen. Was von vielen angesehen wird, wird mehr Zusehern angeboten. Sieht man sich YouTube Shorts an, dann kann es passieren, dass alle paar Swipes auch mal ein fragwürdiger Inhalt angezeigt wird. Das betrifft auch die Kinder.

FSK

Wir können jetzt natürlich darüber diskutieren, dass Dienste, wie YouTube, WhatsApp, oder TikTok ein Mindestalter haben. Das ist korrekt und mir auch bekannt. Allerdings würde es bedeuten, dass meine Kinder an einem wichtigen Teil des Soziallebens mit Gleichaltrigen und Jüngeren nicht teilnehmen könnten, wenn ich es Ihnen verbieten würde. Auch im Kino kann man mit einem 6-jährigen Kind Filme mit FSK 12 besuchen, wenn man es begleitet. Mir ist bewusst, dass es hier viele Eltern gibt, die das sehr ernst nehmen. Natürlich respektiere ich das. Allerdings habe ich mich eben anders entschieden. Nicht zuletzt, weil der soziale Druck auf die Kinder enorm ist und es meiner Einschätzung nach ohnehin illusorisch ist, sie von den Inhalten fernzuhalten. Viel wichtiger finde ich, den zeitlichen Umfang zu beschränken und den Kindern Medienkompetenz beizubringen. Wir achten darauf, dass sie altersgerechte Spiele spielen und haben auf allen Geräten eine Kindersicherung aktiviert. Sollten sie einmal etwas spielen wollen, für das sie zu jung sind, brauchen sie meinen Mann, oder mich. Wir entscheiden das von Fall zu Fall und lehnen immer wieder auch Freischaltungen ab.

Medienkompetenz

Man könnte seine Kinder auch in Luftpolsterfolie wickeln und von allen Gefahren im Internet abschirmen. Aber wohin führt das? Der Tag, an dem sie das Alter erreichen, ab dem sie unbeschränkten Zugang zum Internet bekommen, wird irgendwann kommen. Das Kind, das bisher ein paar harmlose Spiele gespielt hat und keinen Zugang zu Diensten, wie WhatsApp, oder YouTube hatte, wird unvorbereitet in die digitale Welt entlassen. Zu dem Zeitpunkt sind sie bereits dabei, sich langsam von den Eltern abzunabeln. Stoßen sie auf etwas verstörendes, dann ist es recht unwahrscheinlich, dass sie es Vater, oder Mutter zeigen. Ich finde es besser, wenn die Kinder möglichst früh lernen, welche Gefahren lauern und worauf sie achten müssen. Heute ist das eine Kernkompetenz, die man nicht nur im Privatleben und im Austausch mit anderen Menschen braucht. Auch im Berufsleben ist es essenziell, sich mit aktuellen Technologien zurecht zu finden. Je früher sie also lernen, sich sicher im Internet und auf den anderen Plattformen zu bewegen, umso besser ist das für ihr weiteres Leben.

Erziehung

In Österreich gibt es seit kurzem das Fach Digitale Grundbildung in den Schulen. Die Kinder lernen also in der Schule den Umgang mit Medien und Technik. Sie müssen sich Informationen erarbeiten und die Quellen dafür prüfen. Darüber hinaus gehört das Vermitteln dieser Kompetenz aber auch zur Erziehung der Kinder. Ich muss meinen Kindern das Verhalten im Straßenverkehr, die Bedeutung von Ampeln und das sichere Überqueren von geregelten und ungeregelten Kreuzungen beibringen und es mit ihnen üben. Auch in der Schule haben alle meine Kinder ein- oder zweimal einen Vormittag mit einem Polizisten verbracht, der auch das Überqueren der Straße und ein paar andere wichtige Grundsätze mit ihnen besprochen hat. Selbstverständlich war das nicht ausreichend. Meine Kinder haben schon Jahre davor gelernt, vor Garagenausfahrten und Kreuzungen zu warten und nicht einfach loszulaufen. Ähnlich wichtig ist mir ihr Verhalten in der digitalen Welt. Auch hier muss ich sie vor Schaden bewahren und ihnen beibringen, wo sie aufmerksamer sein müssen. Meine Erziehung soll sich nicht auf die reale Welt beschränken. Das Leben spielt sich in großen Teilen digital ab. Ihnen beizubringen, sich hier genauso sicher zu bewegen, wie im Straßenverkehr, ist meine Aufgabe.

Train the Trainer

Allerdings gibt es da auch ein Problem. Die digitale Welt ist für meine Generation nicht immer leicht zu verstehen. Wenn ich meinen Kindern Kompetenz vermitteln muss, dann muss ich mir das dazu notwendige Wissen aufbauen. Ich finde mich meistens gut zurecht. Schließlich habe ich es auch geschafft, mein Blog aufzusetzen und es am Laufen zu halten. Auch auf den verschiedenen Social Media Plattformen bin ich unterwegs und versuche hier immer am Ball zu bleiben. Bei Bedarf kann ich auch auf meinen Mann zurückgreifen. Er arbeitet im Bereich IT und hat keine Berührungsängste mit Hard- und Software. Er sorgt in unserem Heimnetzwerk für Sicherheit, organisiert Virenschutz und Firewall und bringt unser W-LAN mit Mesh-Repeatern bis in den letzten Winkel unserer Wohnung. Er vermittelt den Kindern viel Wissen und bringt ihnen einen angstfreien Umgang mit den digitalen Angeboten bei. Dazu erklärt er ihnen Hintergründe und Zusammenhänge.

Das System verstehen

Es ist nicht nur der Umgang mit den elektronischen Hilfsmitteln, die die Kinder lernen müssen. Zumindest genauso wichtig ist es, die Zusammenhänge dahinter zu verstehen. Warum setzt sich ein junger Mensch 15 Minuten vor eine Kamera und erzählt etwas? Warum empfiehlt sie, oder er ein Produkt? Welche Tricks sind es, die die Zuschauer fesseln und dazu bringen, sich mit den Inhalten auseinanderzusetzen? Nur, wenn man die Beweggründe versteht, kann man die Inhalte auch richtig einordnen. Man darf nicht vergessen, dass Kinder grundsätzlich viel Vertrauen haben. Setzen sich nicht damit auseinander, warum gewisse Inhalte existieren und welche Interessen dahinter stecken, dann nehmen sie die Videos, oder Texte ganz anders auf. Man ist gut beraten, die Aussagen, die im Internet getroffen werden, immer in einen Kontext zu rücken. Inhalte professionell zu präsentieren macht sie nicht automatisch inhaltlich korrekt. Es ist immer die Meinung des Content Creator, die dahintersteckt. Auch ich kann natürlich komplett daneben liegen, wenn ich einen solchen Blogbeitrag schreibe. Meine Leserinnen und Leser sind aber sicher kompetent genug, das zu erkennen und es als meine persönliche Meinung zu verstehen, die sie teilen können, oder eben nicht.

Qualität erkennen

Wir alle und Kinder im Speziellen müssen verstehen, dass es im Internet Inhalte gibt, die einen wesentlich geringeren Qualitätsanspruch haben, als andere. Selbst in Zeitungsberichten finden sich Schleichwerbung und persönliche Meinungen. Das zu erkennen ist wichtig und ein absolutes Muss, will man trotz der Flut an digitalen Informationen, einen Überblick behalten und nicht blindlings auf jeden Zug aufspringen. Aussagen, egal woher sie kommen, zu hinterfragen und sensibel darauf zu reagieren, wenn jemand versucht, uns zu beeinflussen, ist für einen mündigen Menschen unerlässlich. Zu leicht lassen sich Menschen von Meinungsbildnern, egal ob Influencer, oder renommierte Medien, beeinflussen und übernehmen unreflektiert die Meinung, die ihnen vorgegeben wird. Für meine Kinder wünsche ich mir, dass ihre Meinung ein Ergebnis von intellektuellen Prozessen ist. Sie sollen die Informationen aufnehmen, hinterfragen und bewerten und sich am Ende eine eigene, fundierte Meinung bilden. Dafür halte ich es für wichtig, ihnen schon jetzt, in ihrer Kindheit, nicht nur Zugang zu den Medien zu verschaffen, sondern sie auch auf ihrem Weg durch die Medienlandschaft zu begleiten. Ich hoffe, es wird mir gelingen.

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