Wenn man mit kleinen Kindern das Haus verlassen möchte, dann ist das immer ein Projekt. Nicht so ein Winziges, sondern ein Großprojekt, wo in manchen Firmen wahrscheinlich ein 25-köpfiges Projektteam mehr als ein Jahr regelmäßig Projektmeetings abhält, dass sie es auf die Reihe bekommen. Als Mutter hat man das zwar nicht im kleinen Finger, wenn man aber alle zehn Finger und ein paar Zehen zusammennimmt, dann schafft man das. Jetzt wo es kalt wird kommen bei meinen drei Kindern noch sechs zusätzliche Aufgaben hinzu. Handschuhe.
Kick-Off
Will man mit den Kleinen raus, dann muss man bereits sehr früh mit der Planung beginnen. Die erste Aufgabe ist die Wahl des richtigen Outfits. Regen, Schnee, Sonne, Sturm, Nebel und alle anderen Wettervarianten die aktuell vorherrschen werden zusammen mit verschiedenen Wetterberichten, einem Bauchgefühl und dem prüfenden Blick aus dem Fenster zu einer Einschätzung der Großwetterlage der nächsten Stunden kombiniert. Meist entscheide ich mehrmals um und bereue auch regelmäßig meine Wahl, aber meine Kinder sind bisher weder erfroren, noch komplett duchnässt nach Hause gekommen. Ich tendiere bei der Wahl der Wäsche eher zur Übertreibung. Es gibt also Tage, an denen sie vielleicht ein klein bisschen verschwitzt heimkommen.
Planungsphase
Nach der Wahl der Oberbekleidung folgt die Wahl der Schuhe, die vorsorglich schon mal vor die Wohnungstüre platziert werden. Das passiert mindestens fünfzehn Minuten vor dem Aufbruch. Der nächste Schritt ist dann die Vorbereitung dessen, was man alles mitnehmen muss. Trinkflaschen werden gefüllt, gegebenenfalls Jause zubereitet, Äpfel, Salatgurken, Kekse, Reiswaffeln, Salzgebäck und manchmal auch Süßigkeiten werden eingepackt. Dazu kommen Dinge, wie Portmonee, Handy, Taschentücher, Feuchttücher und was man sonst als Mutter alles mitnimmt. Der Wickelrucksack wird gepackt. Windeln und Ersatzgewand werden verpackt. Der Schlüssel wird bereitgelegt und es folgt die Endphase. Die Kinder müssen eingefangen und auf Toilette geschickt werden. Bei der Kleinsten gibt es einen Windelcheck und anlassbezogen nochmal eine neue Windel. Danach wird die Oberbekleidung meiner Wahl aus dem Kasten genommen und bereitgestellt. Noch fünf Minuten.
Türe auf
Die Kinder werden nach allen Regeln der Kunst verpackt. Aktuell tragen Sie Schal und Haube und eine warme Jacke. Als Schuhwerk dienen wahlweise die Sportschuhe, oder die Übergangsschuhe. Sind alle Kinder in der richtigen Jacke, tragen alle Schals und Hauben, dann wird die Tür geöffnet und die Meute stürmt auf den Flur. Zwar können die beiden Großen bereits selbst Schuhe anziehen, allerdings tun sie das gerne direkt vor der Türe. Es ist also für die Dauer des Schuheanziehens nicht möglich in die Wohnung, oder auf den Flur zu kommen. Ärgerlich, will man doch den Kinderwagen beladen. Wickelrucksack, Jausensack und oft auch Einkaufstaschen sollen in den Stauraum unten in den Kinderwagen. Also wartet man geduldig, dann kommt die Kleinste dran, der man natürlich die Schuhe noch anziehen muss. Danach kann ich endlich zum Kinderwagen, während die Kleinen die Akustik im Flur austesten. Dau wird auf Türen von Verteilerkästen geschlagen, geschrien und gequietscht. Ein Wunder, dass sich bisher noch kein Nachbar beschwert hat!
Sitzordnung klären
Die Sitzordnung im Zwillingswagen ist immer wieder einer der schwierigsten Teile des Projekts. Meist wird die Kleinste in den Wagen geschnallt und meist mag sie das auch. Oft ist das aber Anlass für sie lauthals loszubrüllen. (Danke liebe Nachbarn!) Ist eines der Kinder müde, dann wird auch der zweite Platz besetzt. Sind beide müde, dann wird es mühsam. Die Kleinste und die Größte sind kompatibel. Also müssen die beiden Mädels sich die zweite Reihe teilen. Vorn kommt mein Sohn hin. Meist muss man dann die Kleinste von vorne nach hinten umschnallen und oft mag sie es einfach nicht, dass da noch jemand hinter ihr sitzt. (Danke nochmals ihr lieben geduldigen, oder gehörlosen Nachbarn!). Danach kann man losfahren.
Arbeitserschwernis
Heute hatten meine Kinder erstmals die Schneehosen an. Es hat zwar etwa 10°, es weht aber ein unangenehmer Wind und wir waren fast zwei Stunden spazieren. Die Entscheidung war absolut richtig. Die Kinder haben im feuchten Laubg gespielt und wir waren viel im Schatten unterwegs. Zusätzlich habe ich meinen Kindern Handschuhe angezogen. Handschuhe sind wirklich eine tolle Sache. Allerdings sehen manche Kinder das komplett anders. Von klein an haben die beiden Größeren sie nicht angenommen und bei jeder Gelegenheit ausgezogen. Auch heute ist es noch ein mittleres Problem, ihnen die Handschuhe anzuziehen. Es ist mittlerweile nicht mehr das Problem, dass sie sie nicht gerne tragen, aber es gibt seit jeher das Problem mit der korrekten Zuordnung der Finger.
drei zuviel
Hält man der Ältesten, oder meinem Sohn einen Handschuh vor die Hand passiert erst mal garnichts. Statt die Hand freiwillig in den Handschuh zu schieben warten sie darauf, dass man ihnen die Handschuhe überstreift. Dabei scheinen sie sich maximal ungeschickt anzustellen. Statt dagegen zu halten weichen sie dem Druck aus und ziehen den Ellbogen nach hinten. Ganz zu schweigen von der Stellung der Finger. Der Trick beim Anziehen der Handschuhe ist, die Finger zuerst geschlossen zu halten und, wenn alle im Handschuh sind, zu spreizen. Erklär das mal einem Dreijährigen!
Also landen die 5 Finger erst mal in maximal zwei der Finger im Handschuh. Dann beginnt das Gefummel. Finger raus aus dem ersten und einzeln richtig einordnen. Kaum hat man den fünften Finger korrekt versorgt ist der erste. Nach gefühlten fünfzehn Minuten hat man dann die erste Hand korrekt verpackt. Nur war das erst die erste von insgesamt sechs. Dummerweise kann es zwischendurch auch passieren, dass einer der Handschuhe, die man bereits korrekt platziert hat, wieder von der Hand rutschen.
Fäustlinge sind auch nicht besser
Die Kleinste trägt Fäustlinge. Das Gute daran ist, dass man dabei nur 20% der Finger einzeln einordnen muss, aber wer glaubt dass das einfacher ist, der überschätzt die motorischen Fähigkeiten und die Kooperationsbereitschaft einer Eineinhalbjährigen. Statt den Daumen abzuspreizen wird er wahlweise angelegt, oder zusammen mit einem, zwei, oder drei Fingern abgespreizt. Zusätzlich gibt es noch die fatale Option eine Faust zu machen, oder den Daumen anzuwinkeln. Zusätzlich sitzen Fäustlinge viel schlechter als Handschuhe. Sie rutschen oft weit genug von der Hand um den Daumen aus dem Finger zu ziehen. Zurück an den Start.
Extraaufgabe
So eine Extraaufgabe beim Verlassen des Hauses kann den schönsten Projektzeitplan ordentlich über den Haufen werfen. Aus 15 werden plötzlich 20 Minuten und auch unterwegs muss man immer wieder anhalten und kleine Finger in kleinen Handschuhen sortieren. Allerdings gibt es keine wirkliche Alternative. Am einfachsten wäre es wahrscheinlich, wenn es transparente Handschuhe und Fäustlinge gäbe. Vielleicht hat ja jemand einen Erfinger im Verwandtenkreis. Ich würde das sofort testen!
Ja das sind die ganz neuen Herausforderungen, die man irgendwie jedes Jahr auch wieder verdrängt bis sie sich einem neu stellen 😉 Jedenfalls bei uns.
Und ich frage mich immer wieder warum es sich bei Handschuhen bei uns wie bei Socken verhält. Einer fehlt immer.
Ja, das kennen wir auch! Trotz penibler Ordnung verschwinden die Teile bei der ersten Gelegenheit 😉