Eltern und Lehrer

Ich habe in meinem Leben bereits einige Erfahrungen mit Lehrerinnen und Lehrern machen dürfen. Natürlich hatte ich selbst als Schülerin verschiedene Lehrer, aber auch später, als Mutter, habe ich ein paar Vertreter dieses Berufsstands kennengelernt. Dabei bin ich immer wieder hin- und hergerissen zwischen Bewunderung und Verwunderung. Ich habe drei schulpflichtige Kinder daheim, kann also erahnen, was es bedeutet, mit 20 bis 30 solcher Exemplare in einem Klassenzimmer eingesperrt zu sein. Aber ich wundere mich auch immer wieder darüber, wer sein Geld als Lehrerin, oder Lehrer verdient. Im Großen und Ganzen überwiegt aber meistens die Bewunderung. Dabei ist die Beziehung zwischen Eltern und Lehrer sicherlich nicht leicht. Jede Seite hat eine Erwartungshaltung und ein klares Bild von der anderen Seite. Funktionieren kann es am besten, wenn es eine Zusammenarbeit gibt.

Die Rolle der Eltern

Es fühlt sich so an, als ob man die Erziehung der Kinder schon sehr früh in fremde Hände legt. In der Kita werden Windeln gewechselt und die Kleinen machen dort ihren Mittagsschlaf, während die Eltern Geld verdienen und arbeiten. Daheim sind die Kinder dann morgens und abends, sowie an den Wochenenden und in den Ferien. Aus Sicht der Eltern verändern sich die Kinder massiv, sobald sie fremdbetreut werden. Sie lernen viel und passen sich an. Neue Wörter und Phrasen kommen in den Sprachgebrauch und die Entwicklung passiert jeden Tag ein paar Stunden, ohne dass Vater und Mutter in der Nähe sind. Aus Sicht der Pädagogen und Lehrer ist es vielleicht ganz anders. Die Kinder bringen antrainierte Verhaltensweisen, Charakterzüge, Sichtweisen und eine Sprache mit, die ihnen ihre Eltern mit auf den Weg gegeben haben. Auch wenn man wenig Zeit mit den Kindern verbringt, so prägt man sie doch jeden Tag. Besonders die erste Phase, in der man 100 Prozent der Zeit mit Kinderbetreuung und -erziehung verbringt, haben einen starken Einfluss auf den Nachwuchs.

Hausaufgaben

Sind die Kinder in der Schule, dann ist es eigentlich Aufgabe der Lehrer, den Kindern alles beizubringen, was sie wissen müssen. Allerdings kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass man als Elternteil massiv gefordert ist. Da gibt es Hausaufgaben, die meine drei Kinder jeden Tag aus der Schule mitbringen. Es beginnt einmal damit, dass mein Sohn Weltmeister im Vergessen ist. Nicht nur, dass er einfach vergisst, in welchen Fächern er etwas zu tun hat. Hat er es einmal geschafft, eine Aufgabe im Gedächtnis zu behalten, gibt es eine 80-prozentige Chance, dass er das Buch, das Heft, oder beides in der Schule vergessen hat. Kommt es dann einmal dazu, dass alles, was man für die Hausaufgaben braucht, da ist, dann gibt es immer noch viel Ratlosigkeit. Zuletzt muss dann die Mutter, oder in unserem Fall oft der Vater die Wissenslücken füllen. Das beschränkt sich nicht nur auf meinen Sohn. Auch die beiden Mädchen stehen mitunter vor unlösbaren Aufgaben und haben schwierige Verständnisfragen. Dank Google, ChatGPT und Alexa schaffen wir dann gemeinsam die meisten Aufgaben. Was bleibt, ist die Frage, wo der Fehler im System liegt.

Chronologisches Problem

Als Elternteil ist man in vielerlei Hinsicht gefordert, wenn es im Hausaufgaben geht. Auf der einen Seite vertrete ich den Standpunkt, dass die Lehrer durchaus wissen, was sie tun. Ich gehe also davon aus, dass die Kinder zuerst etwas im Unterricht lernen und dann ein paar Aufgaben bekommen, um das soeben Gelernte praktisch zu üben. Auf der anderen Seite sehe ich es so, dass die Hausaufgaben ja auch ein gutes Feedback für die Lehrer sind. Versagt die halbe Klasse bei einer Aufgabe, dann liegt auf der Hand, dass die Lehrkraft hier nochmal ansetzen muss. Allerdings gibt es auch noch andere Aspekte, die mir immer wieder durch den Kopf gehen. Das beginnt einmal damit, dass die Hausübungen nicht flächendeckend und sofort überprüft werden. In den meisten Fächern hat mein Sohn beispielsweise zwei Hefte, von denen jeweils eines beim Lehrer und eines – hoffentlich – bei ihm ist. Ich stelle mir den Ablauf so vor: Montag wird neuer Stoff gelehrt und mein Sohn bringt Hausaufgaben mit. Hat er jetzt keinen Plan, weil das Wissen den Weg in seinen Kopf noch nicht gefunden hat, dann löst er alle Aufgaben grundlegend falsch. Am Dienstag gibt er sein Heft dann ab und lernt, aufbauend auf das nicht vorhandene Wissen, das am Montag vermittelt hätte werden sollen, etwas Neues, was wieder relativ spurlos an ihm vorübergeht. Am Dienstag, nach dem Unterricht, erkennt der Lehrer dann, dass die Aufgaben alle falsch gelöst wurden. Weil er am Mittwoch im Unterricht aber schon zwei Schritte weiter ist, springt er nicht nochmal auf Montag zurück.

Noten über alles

Ich bin sicher keine von denen, die sagen, dass früher alles besser war, aber es war zumindest anders. Wir hatten im Semester 3 Schularbeiten. Am Ende hat man dann den Mittelwert der Note gebildet und vielleicht noch die erreichte Punkteanzahl herangezogen, um auf- oder abzurunden. Schon war die Note fertig. Irgendwann hat sich das geändert. Die Note entsteht nach einem transparenten Bewertungssystem, in das zahlreiche Faktoren einfließen. Hausübungen gehören dazu. Das stellt für mich infrage, ob die Lehrer hier wirklich ein ehrliches Feedback bekommen sollten. Hat mein Kind den Stoff nicht verstanden, dann wird es wohl beim nächsten Test nicht gut abschneiden. Dass eine fehlerhafte Hausaufgabe etwas ändert, halte ich für unwahrscheinlich, wie ich im letzten Absatz ausgeführt habe. Es liegt also nahe, dass man ein wenig nachhilft, dass die Hausaufgabe korrekt erledigt wird. Schließlich hilft man dem Kind damit, eine bessere Note zu bekommen. Schließlich geht es ja um Noten, oder? Manchmal habe ich den Eindruck, dass viel von dem, was in der Schule passiert, nur dazu dient, die Leistung der Kinder zu beurteilen. Dabei wird punktuell eine Leistung gemessen und dann, egal welches Ergebnis man erreicht hat, weitergegangen.

Zusammenhänge verstehen

Die verschiedenen Bausteine, die man in der Schule lernt, sind im Leben durchaus wichtig. Mein Eindruck ist allerdings, dass hier immer sehr, vielleicht sogar zu sehr isoliert gelehrt wird. Es gelingt nicht einmal innerhalb des Faches die Zusammenhänge transparent zu machen. Dass man für das Bruchrechnen ein paar Grundrechenarten braucht und die Teilbarkeit und Primfaktorenzerlegung bekannt sein muss, bleibt in meiner Wahrnehmung auf der Strecke. Klar lernen die Kinder das in der Reihenfolge, aber kommt es dann zu Brüchen, dann wird das als neue Thema vorgestellt. Zumindest in meiner Schullaufbahn war das. Es fehlt irgendwie die Information, dass man das zuvor gelernte jetzt einsetzen soll. Dass man beim Bruchrechnen das kleinste gemeinsame Vielfache ermitteln muss, um den Bruch zu kürzen sagt dem Kindern scheinbar niemand. Man sagt ihnen nur, dass sie den Bruch kürzen sollen. Kaum ist das Kapitel durch, kommt auch schon der Taschenrechner zum Einsatz und Kopfrechnen verliert noch mehr an Stellenwert.

Verantwortlichkeiten

Hat man drei schulpflichtige Kinder, dann ergibt sich daraus, dass man mit Informationen überschüttet wird und ständig den Erhalt von Infos bestätigen muss. Man leistet Unterschriften im Elternheft, oder auf Informationsblättern und bekommt auf unterschiedlichen Kanälen elektronische Anfragen, Formulare und Nachrichten, die man quittiert. OK, es ist schön, dass ich jetzt die Schularbeitstermine für 3 Kinder habe. Ich habe die 15 Termine in unseren Familienkalender eingetragen. Und jetzt? Was ist mein Auftrag? Warum muss ich die Schularbeitstermine der Kinder als Mutter eigentlich wissen? Warum bekomme ich einen Brief von der Schule, wenn mein Kind Gefahr läuft, in einem Fach negativ abzuschließen? Gut, ich koordiniere auch alle anderen Termine der Kinder und da und dort ist es gut zu wissen, wenn der Unterricht früher endet, weil die Kinder nach Unterrichtsende theoretisch in meiner Aufsicht sind. Aber es sollte mir doch relativ egal sein, was im Unterricht passiert. Ob das Kind eine Mathearbeit schreibt, oder Sport hat, ändert für mich ja nichts. Ich packe ihnen ihr Pausenbrot und wasche die Sportsachen. Habe ich noch mehr Aufgaben?

Austausch

Es scheint mir sehr wichtig, dass sich Eltern mit den Lehrerinnen und Lehrern auch abseits von Kommunikationsplattformen und Elternheft austauschen. Das ist in der Grundschule noch einfach, weil es ja nur eine einzige Lehrerin ist. Später muss man dann mit eingen Lehrerinnen und Lehrern in Kontakt bleiben. Wer beide Sichtweisen kennenlernen und verstehen will, der kann in einem Forum für Eltern und Lehrer mitlesen und Beiträge verfassen. Ich kann schulforum.net empfehlen. Hier können sich Eltern und Lehrer kostenlos austauschen. Man muss ich auch nicht verpflichtend registrieren, um es zu nutzen. Hier findet ein Austausch zwischen Lehrern, zwischen Eltern und zwischen Lehrern und Eltern statt. Es ist für Eltern sicher schwierig, die Sichtweise der Lehrer zu verstehen. Lehrer hingegen sind oft auch Eltern und waren selbst auch Schüler. Sie kennen also eher beide Seiten. Ich sehe es daher als interessanten Einblick in die Welt der Lehrer, die ich nur von der Schüler- und Elternseite kenne. So verstehe ich vielleicht eher, was ich beitragen kann und warum ich immer wieder über Dinge informiert werde.

Duale Schulbildung

Es wirkt manchmal so, als würde die Schule mir die Verantwortung dafür übertragen, dass meine Kinder etwas lernen. Bringen sie die Hausaufgaben nicht, bekomme ich eine Nachricht, die ich bestätigen muss. Danke für die Info, aber es wäre doch viel besser, das dem Kind zu sagen, oder? So lagert die Schule unangenehme Themen an die Eltern aus. Ich kann aber nicht Alles ausgleichen, was in der Schule schief läuft. Schafft es ein Lehrer nicht, das Wissen zu vermitteln, dann kann man das ja nicht einfach an mich auslagern! Wie komme ich dazu, dass mein Kind ahnungslos vor einer Aufgabe sitzt und mir glaubhaft versichert, dass es noch nie gehört hat, wie man so etwas löst? Was kann ich dafür, wenn mein Sohn wieder einmal ein Buch in der Schule vergessen hat und deswegen seine Hausaufgaben nicht erledigen kann? Warum muss ich meinem Kind erklären, was Satzteile sind und dabei helfen, englische Lückentexte zu füllen? Ist das Schulsystem vielleicht darauf ausgelegt, dass die Kinder daheim einen Teil der Kompetenzen und des Wissens erwerben?

21. Jahrhundert

Tja, da gibt es dann vielleicht ein Problem. In meinem Fall ist das einfacher. Ich bin daheim und stehe grundsätzlich zur Verfügung. Andere Kinder haben diesen Luxus nicht. Auch sind andere Elternteile durch den Beruf stärker gebunden und haben in ihrer Zeit daheim andere Dinge vor, als zu unterrichten. Die Kinder haben außerdem andere Interessen und sind nicht immer motiviert, sich Inhalte selbst zu erarbeiten. Meist haben sie ohnehin schon Nachmittagsunterricht und nur wenige Stunden daheim. Davon verbringen sie Zeit beim Sport und mit Entspannung und Spiel. Hat man dann noch einen Arzttermin, dann kann der Tag schnell zu kurz werden. Das Prinzip Hausaufgaben ist für mich durchaus nachvollziehbar. Nur sehe ich manchmal einfach den Umfang nicht ein. Letztens hat mein Sohn ein Kreuzworträtsel mit zahlen ausfüllen müssen. Dazu musste er für jedes Feld eine Gleichung mit einer Variablen lösen. Gut, dass er das übt, aber muss er wirklich 25 Rechnungen niederschreiben? Könnte man nicht schon nach 5 solcher Gleichungen eine Aussage darüber treffen, ob er es kann, oder nicht?

Teilzeitlehrerin

Viele Kinder sind heute in Ganztagesschulen untergebracht, weil beide Elternteile berufstätig sind. Wir haben uns dagegen entschieden. Nicht zuletzt, weil ich daheim bin und die Kinder von mir betreut werden können. Der Preis dafür ist scheinbar, dass ich in allen Fächern, in denen es Hausaufgaben und Tests, also alles außer Sport und Werken, ausreichend kompetent sein muss. Außerdem muss ich genug Zeit mitbringen, meine Kinder bei ihren Übungen zu begleiten. Schaut mich ein Kind fragend an, dann habe ich zwei Möglichkeiten. Entweder ich sage ihm die Lösungen einfach an, oder ich nehme mir die Zeit, die Wissenslücke nachhaltig zu schließen. Ansagen kann schon einmal vorkommen, da bin ich ehrlich. Schließlich habe ich nicht immer Zeit für Privatunterricht und auch die Kinder wollen möglichst rasch mit ihrer Arbeit fertig werden. Erkläre ich etwas, dann heißt das, dass ich mir das Buch zur Hand nehmen muss und nachlese. Ich muss mir die Begriffe und die im Buch vorgesehenen Formen ansehen, damit ich meinem Kind auch das beibringe, was es in der Schule lernen sollte. Das kann dauern. Nicht selten sitze ich mehr als 1 Stunde mit einem Kind an den Hausaufgaben. Es ist eine gute Investition, aber extrem zeitaufwändig.

Genug Kritik

Irgendwie ist der Beitrag doch etwas kritisch geworden. So war es nicht gedacht und es spiegelt auch meine Meinung von den Lehrern nicht wider. Vielleicht liest ja der eine, oder andere Lehrer diesen Beitrag und es gelingt mir, die Sichtweise einer Mutter einzubringen. Dass das System nun mal so ist, kann wohl ein einzelner Lehrer nicht verändern. Da braucht es politische Entscheidungen und viel Zeit. Ich nehme viele Lehrerinnen und Lehrer als unglaublich motiviert wahr. Dass man nicht jedes Kind mit jeder Unterrichtsmethode gleich gut erreicht, liegt in der Natur der Menschen. Dass es also Fächer gibt, in denen die Kinder weniger Probleme haben, als in anderen, kann man nicht den Lehrkräften vorwerfen. Trifft eine Begabung und großes Interesse auf einen Lehrer, der für das Thema brennt und das Kind erreicht, dann entsteht etwas Wunderbares. Leider gibt es auch das andere Extrem und ein persönliches Defizit trifft auf eine unkompatible Lehrkraft. Das wird sich vorläufig sicher nicht ändern. Auf jeden Fall bin ich den meisten Lehrerinnen und Lehrern sehr dankbar. Kinder haben ständig schwierige Phasen und je mehr Kinder zusammenkommen, umso sicherer ist es, dass ein paar davon gerade eine solche Phase durchmachen. Umso bewundernswerter sind die Menschen, die sich jeden Tag darum bemühen, den Kindern etwas fürs Leben mitzugeben und sie auf das vorzubereiten, was im Leben jeden Tag erwartet wird. Danke!

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