Tag für Tag bekommt man aus den Medien Horrormeldungen. Terror, Krieg und tragische Geschichten haben das Potential uns richtig dankbar zu machen. Dankbar, dass wir von Vielem, was da berichtet wird, verschont bleiben und es uns vergleichsweise gut geht. Ab und zu schummelt sich aber auch eine positive Meldung zwischen all die schrecklichen Nachrichten. So habe ich gelesen, dass Eltern länger leben, als kinderlose Menschen. So ein Glück!
Studie aus Schweden
Alter Schwede! Ein Spruch, den man oft und gerne anbringt und der jetzt eine neue Bedeutung bekommt. Schwedische Wissenschaftler haben sich die Mühe gemacht und alle Schweden, die zwischen 1911 und 1925 geboren wurden und im Alter von 60 Jahren in Schweden leben, bzw. lebten zu prüfen. Betrachtet wurden zwei Faktoren. Einerseits, ob der Schwede, oder die Schwedin Kinder hatte und wie alt er, oder sie wurde. Das Ergebnis fällt eindeutig aus. Menschen, die Kinder haben, leben länger. Echt!
Unglaublich
Wer Kinder hat, der wird verstehen, warum mich das jetzt wundert. Alleine die Geburt kostet eine Mutter Lebenszeit. Gar nicht zu sprechen von den Nächten, die man sich für den Nachwuchs um die Ohren schlägt. Schlafentzug über Monate, keine durchgehende Pause, die länger als 3 zusammenhängende Stunden dauert und dann der Ärger, den die Kleinen machen. Hausarbeit ohne Ende und Erziehung frühpubertärer kleiner Despoten, die unser Leben bestimmen.
Stressige Jahrzehnte
Heute Kinder zu haben ist einerseits nicht selbstverständlich und andererseits auch sehr kostspielig. Vater und Mutter stehen jahrzehntelang unter Stress und halten den Laden am Laufen. Wer einmal eine junge Mutter, die einen kompletten Wocheneinkauf und zwei kleine Kindern nach Hause trägt, beobachtet hat, der vermutet wahrscheinlich nicht, dass sie gerade ihr Leben verlängert. Auch die Teenagereltern, die bis weit nach Mitternacht auf der Couch sitzen und darauf warten, dass der Nachwuchs das Feiern für eine kurze Nachtruhe unterbricht, scheinen sich auf den ersten Blick nichts Gutes zu tun. Schwedische Wissenschaftler sehen das anders.
Live long and prosper
So müde und ausgelaugt wir armen Eltern Abends auch ins Bett fallen, die Studie beweist es: Das ist ziemlich gesund! Zumindest sorgt es dafür, dass wir etwa zwei Jahre länger leben, als die, die ihre besten Jahre damit verbringen sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen. Die im Urlaub am Pool mit Kinderverbot liegen und auch mal mit Rucksack und Fahrrad ganz spontan sein können. Die, die ihre Wochenenden im Bett und ihre Abende im Kino verbringen ohne, dass kleine Mitbewohner die Wohnung umbauen. Die, die sich mal eben in den Flieger, den Zug, oder das Auto setzen können um spontan mal was zu unternehmen, ohne die Schlafenszeiten der Kinder zu berücksichtigen und 4 Koffer mit Windelnd und Ersatzwäsche zu packen. Die, die zu jeder Tages- und Nachtzeit entspannt in Lokalen sitzen und Essen und Trinken, ohne andere Gäste zu belästigen werden wir alle überleben!
Das Beste kommt zum Schluss
Gut, dann dürfen wir uns also auf zwei Extrajahre freuen. Die Wissenschaftler haben dafür keinen wirklichen Grund feststellen können, vermuten aber, dass es daran liegen könnte, dass die Kinder uns im Alter unterstützen. Warum auch immer es so ist, auf jeden Fall kann man zufrieden sein. Etwas mehr Zeit um das Alter zu genießen sind ein Geschenk, das jeder sicher gerne annimmt. Allerdings habe ich berechtigte Zweifel daran, dass die Studie repräsentativ ist. Zwar wurden die Daten von 704 481 Männer und 725 290 Frauen erfasst und die Ergebnisse sind eindeutig, aber die Umstände sind sicherlich nicht vergleichbar mit der heutigen Zeit.
100 Jahre später
Die Gesellschaft hat sich verändert. Statt der klassischen Rollenverteilung mit dem alleinverdienenden Mann und der haushaltsführenden Frau arbeiten heute fast alle Eltern um finanziell über die Runden zu kommen. Der wirtschaftliche Druck ist hoch und Mieten und andere Nebenkosten müssen bezahlt werden. Kinder sind heute eine Belastung, die sich nicht jeder leisten kann, oder will. In der ersten Häfte des 20. Jahrhunderts, in der die in der Studie berücksichtigen Schweden lebten, war die Situation sicherlich ganz anders. Ob sich eine Frau, die 1940 ihre Kinder erzogen hat mit einer Frau vergleichen lässt, die das heute tut, sei dahingestellt. Aber die Zahlen lassen sich nicht wegdiskutieren.
Späte Rendite
Wer viele Jahre seines Lebens in die Kinder investiert, der darf am Ende auf eine kleine Entschädigung hoffen. Altwerden ist nicht immer schön, vor allem, wenn man geliebte Menschen verliert und immer einsamer wird. Kinder können hier auf jeden Fall Abhilfe schaffen. Bis zum Lebensende sind sie für die Eltern da und kommen wenigstens ab und zu mal zu Besuch. Als Großeltern hat man in der heutigen Zeit wieder eine wichtige Rolle. Wenn die Kita Ferien hat, oder während der Schulferien können sich die arbeitenden Eltern nicht immer frei nehmen. Oma und Opa haben meistens Zeit. Dumm nur, wenn Oma mehrere Kinder hat und alle zeitgleich Nachwuchs bekommen. Die Mutter meines Mannes hat insgesamt 14 Enkelkinder. Fast ein Fulltime-Job, solange sie klein sind.
Schulden begleichen
Die Mitarbeit in der Familie war früher Gang und Gebe für die alten Menschen. Heute ist es schwer, sich in das Leben der erwachsenen Kinder einzubringen. Jeder lebt unter Hochdruck und man braucht für fast Alles einen Termin. Eine umständliche Oma, oder ein vergesslicher Opa passt oft nicht in die Lebensplanung.
Wir lernen aus der schwedischen Studie also zwei Dinge. Erstens, dass wir uns im Alter auf unsere Kinder verlassen können und wir wahrscheinlich deswegen länger leben werden, aber auch, dass sich unsere Eltern genau dasselbe von uns verdient haben.
Hier gehts zur schwedischen Studie
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