Nein, das ist kein Klischee! Wenn man auf einen der kleinen Noppensteine des dänischen Produzenten steigt, dann zwingt das fast jeden in die Knie. Man kann nur hoffen, dass man beim in die Knie gehen nicht auf noch mehr von den bunten Plastikteilen landet und schließlich in Bauchlage landet. Ein Erlebnis, das wahrscheinlich auch den stoischten Fakir aus der Meditation reißen und ihm die Schweissperlen auf die akethische Stirn treiben würde, wenn man ihm davon erzählt. Weil ich weit davon entfernt bin, so etwas wie Schmerztoleranz zu haben, achte ich daher penibel auf Ordnung. Böse Zungen behaupten, dass ich meinen Kindern das Spielzeug unter den Händen wegräume, während sie spielen. Das ist natürlich nicht wahr, aber wenn sie das Interesse verlieren, dann dauert es nicht lange, bis wieder alles ordentlich an seinem Platz ist. Denn ich habe neben mangelnder Schmerztoleranz noch ein Defizit. Ich mag keine Unordnung.
Matriarchat
Bei uns daheim wissen alle Bewohner, was passiert, wenn sie meine Ordnung stören. Dank jahrelanger Erziehungsarbeit trennt mein Mann seine Schmutzwäsche ordentlich in verschiedene Farben, schlichtet seine Schuhe zurück in den Schuhschrank und verlässt mit seinem Besitz nicht die Bereiche, die ich ihm zugewiesen habe. Würde ich nicht mit eiserner Hand dafür sorgen, dass er höchstens einen Umkreis von 150 Zentimetern rund um seinen Schreibtisch mit den Dingen füllt, die er seltsamerweise für wichtig hält, oder sogar behauptet, dass er sie braucht, dann wäre unsere Wohnung wahrscheinlich hüfthoch mit Unrat gefüllt. Ich gebe zu, dass ich dabei ein wenig übertrieben habe, aber er hat es auf jeden Fall nicht leicht mit dem Unterschied zwischen meiner Vorstellung von aufgeräumt und seiner Vorstellung von griffbereit.
Open House
Den Lohn für meine Mühen bekomme ich durchaus regelmäßig. Nicht selten kommen Freundinnen zu besuchen und lassen den Blick bewundernd durch mein Wohnzimmer streifen. Die Kissen auf dem Sofa geknickt, der Drehstuhl in perfekter 35 Grad Drehung neben dem Schreibtisch, die Gardinen ordentlich und symmetrisch zurechtgezogen, der Teppich in perfekter Parallelität zur Verlegerichtung des Parkettbodens und der Couch und weit und breit alles in Reih und Glied angeordnet. Dazwischen trübt kein Staubkorn die makellose Optik. Der Preis dafür ist aber hoch. Tatsächlich wünschte ich mir manchmal die Dinge auch mal etwas lockerer zu sehen. Stattdessen spüre ich fast schon so etwas wie Unruhe, wenn meine Kinder Spielzeug in Betrieb nehmen.
Alles gut
Solltest Du Dir jetzt Sorgen um mich machen, dann kann ich Dich aber beruhigen. So schlimm ist es nicht. Aber Unordnung ist für mich ein klarer Handlungsauftrag. Dinge bleiben bei mir nicht bis morgen liegen und alles kommt nach Gebrauch wieder zurück an seinen Platz. Auch wenn das vielleicht manchmal für alle Beteiligten etwas anstrengend sein kann, muss ich unter dem Strich sagen, dass mir diese Macke doch lieber ist, als viele anderen. Insgesamt also ein relativ kleines Übel. Ich belästige damit auch niemanden, oder zwinge jemanden, aufzuräumen. Ich erledige das ohnehin lieber selbst, weil sonst niemand weiß, wo die Dinge ihren Platz haben und wie sie dort zu stehen haben. Aber ein Problem bringt diese Eigenschaft allerdings dann doch mit sich.
Lückenlose Standortverwaltung
Alles bei uns hat seinen Platz. Es gibt keineWühlkiste, wo jeder die Dinge einwirft, die sonst nirgendwo hingehören. Wenn wir etwas anschaffen, dann organisiere ich dafür einen Standort. Bekommt mein Sohn einen neuen Plastiksuperhelden, dann hängt es davon ab, wie groß er ist. Hat er die erste Faszination verloren und legt ihn einmal zur Seite, dann trete ich auf den Plan. Je nach Größe des kleinen Helden müssen seine Kollegen ein wenig zusammenrücken um eine Lücke in der Reihe zu schaffen. Dort bekommt dann was-auch-immer-man seinen neuen Platz. So ist das mit all den Dingen, die wir besitzen. Es gibt einen festen Platz, wo man sie findet. Darauf kann man sich verlassen, denn was auch immer ich in die Finger bekomme wird zielstrebig wieder dorthin gebracht. Genauso ist es, wenn man etwas braucht. Ob es nun ein spezielles Shirt ist, das meine Tochter tragen will, oder ein bestimmtes Spielzeugauto, das mein Sohn gerade sucht, ich finde es. Im Prinzip weiß ich zu jedem Zeitpunkt zu jedem Ding, das wir besitzen, wo es sich gerade befindet.
Missing Ding
Eine tolle Sache, wenn man nicht ich ist, aber etwas sucht. Ich bin so etwas, wie Google für meine Familie. Eine Suchmaschine, die ziemlich schnell alles findet, was man sucht. Allerdings bin ich diesbezüglich besser als Google, denn ich liefere immer ein exaktes Ergebnis und einen einzigen Treffer, der zur Suchanfrage passt. Aber es gibt auch Momente, auf die ich nicht stolz bin. Momente in denen ich das gesuchte Ding einfach nicht finde. Nicht, dass ich nicht wüßte, wo es sein sollte. Das ist ausgeschlossen, weil nun mal alles seinen Platz hat. Aber es gibt auch Dinge, die teilen sich einen Platz mit anderen Dingen. Die Bücher sind zwar alle nach Größe sortiert, aber sie teilen sich ein Regalbrett. Die kleinen Autos landen alle in einer Kiste. Trotzdem habe ich so etwas wie einen Überblick über den Inhalt der Kiste. Jetzt kann es passieren, dass eines meiner Kinde plötzlich unbändige Lust hat mit genau einem Spielzeug zu spielen. Selbstsicher greife ich danach und greife ins Leere. Das Ding ist nicht da, wo es hingehört.
Ausnahmesituation
Was darauf folgt kann man durchaus als Ausnahmesituation bezeichnen. Ich rekonstruiere die letzten Bewegungen des gesuchten Gegenstandes und begebe mich auch die Suche. Das kann mitunter ausarten. Wahrscheinlich könnte ich mich sofort bei dieser Detektei München als Expertin für verschwundene Dinge bewerben. Fast schon verbissen arbeite ich mich systematisch durch die möglichen Orte, an denen sich das gesuchte Objekt versehentlich aufhalten könnte. Unter dem Sofa, hinter Schränken und Kommoden und in den Taschen der Kinder. Ist geklärt, dass es nicht versehentlich irgendwo hingefallen ist, ziehe ich die Möglichkeit in Erwägung, dass es falsch einsortiert wurde. Also werden alternative Orte durchsucht. Gegebenenfalls werden mehrere Kisten mit Spielzeug geleert und wieder eingeräumt. Trotzdem gelingt es mir in erschreckend vielen Fällen nicht, etwas zu finden.
Erklärungsversuche
Da Dinge bei uns grundsätzlich immer wieder an ihren Platz kommen, gibt es nicht viele Erklärungen dafür, dass etwas nicht da ist. Ich habe gelesen, dass Geister durchaus in der Lage sind, Dinge zu bewegen, oder sie sogar verschwinden zu lassen. Außerdem gibt es endlose Theorien darüber, dass es vorkommen könnte, dass die Schranke zu einer parallelen Dimension kurz so dünn ist, dass Gegenstände, oder Menschen von einer Dimension zu einer anderen Überspringen. Warum die Zeit immer nur in eine Richtung läuft ist übrigens auch ungeklärt. Vielleicht läuft sie ja nur für uns so, wie sie läuft. Für eine Puppe könnte eine eigene Zeitlinie auch eine Erklärung sein, warum sie in meiner Realität plötzlich verschwindet. Es ist allgemein bekannt, dass die Waschmaschine liebend gerne Socken verspeist. Sie gelangen zwischen Trommel und Dichtung ins Wasser und werden dann ganz einfach abgepumpt. Ich will Euch nicht beunruhigen, aber es könnte ja auch sein, das meine Waschmaschine mal Abwechslung von all den Socken braucht. Vielleicht streift sie, wenn ich nicht da bin, durch die Wohnung und holt sich ein paar Beilagen zur Sockendiät.
So einfach vielleicht?
Allerdings muss ich zugeben, dass die Erklärungsversuche ein wenig plump sind. Zwar kann das natürlich alles sein und auch wenn ich ein sehr gutes Verhältnis zu meiner Waschmaschine habe, traue ich ihr das durchaus zu, aber ich muss zugeben, dass es wahrscheinlich eine einfacher Erklärung gibt. Es handelt sich wahrscheinlich um ein rein mathematisches Problem. Auf der einen Seite der Gleichung stehe ich. Auf der anderen Seite kann man verschiedene Zahlen einsetzen. Ein durchschnittlicher Haushalt beherbergt etwa 10.000 Dinge. Also könnte das Verhältnis 1:10.000 sein. Auch bin ich nur eine von insgesamt 5 Bewohnern unserer Wohnung. Also ist auch 1:5 eine Variante. Allerdings ist das, was in unserer Wohnung passiert sehr dynamisch. Auf der einen Seite also ich, die gerade dabei ist ein Ding an seinen Platz zu bringen. Auf der anderen Seite vier Familienmitglieder, die gleichzeitig alle 4 die restlichen 9.999 Dinge bewegen.
1 Ich x 1 Ding : 4 Personen x 9.999 Dingen = 1 : 39.996
Für diese Quote bin ich auf jeden Fall nicht schlecht 😉
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