Das Comeback der Stoffwindeln auf kinderalltag.de

Das Comeback der Stoffwindeln

Die Entwicklung der Kinder verläuft im Nachhinein betrachtet rasant. Meine Kinder gehen heute zur Schule, oder sind im letzten Jahr in der Kita. Sie sind selbstständig, verfolgen ihre eigenen Ziele und stehen mit beiden Beinen im Leben. So war das nicht immer. Säuglinge und Kleinkinder kommen ohne fremde Hilfe nicht aus. Man muss ständig auf die achten und dafür sorgen, dass sie in Sicherheit sind. Im Laufe der Zeit entwickeln sie liebenswerte Eigenheiten. Sie krabbeln, sabbern, lachen und erfreuen die Eltern mit allerlei süßem Verhalten. Blickt man heute auf diese Zeit zurück und verflucht die vorpubertären Probleme, die immer häufiger Raum einnehmen, dann wird man fast etwas wehmütig. Die Beziehung mit den Kindern war früher irgendwie einfacher und die Rollenverteilung zwischen Mutter und Kind war völlig klar. Heute versuchen sich die Kinder langsam aber sicher immer mehr durchzusetzen. Umso mehr vermisst man das, was vor garnicht so langer Zeit ein verzaubertes Lächeln und ein wenig Wäre rund ums Herz ausgelöst hat. Dabei war, auch mit ein wenig Distanz betrachtet, nicht alles so toll. Eines der Dinge, an die man als Mutter, oder Vater ohne jede Trauer zurückdenkt, sind die Windeln.

Große Haufen

Speziell mein Sohn hat mit seiner Verdauung immer wieder für feuchte Augen und einen leichten bis mittelstarken Würgereiz gesorgt. Das kann man ihm aber nicht vorwerfen. Schließlich sind die Kinder auch in Punkto Verdauung auf die Eltern angewiesen. Für das Management der kindlichen Ausscheidungen gibt es tatsächlich drei Ansätze. Da gibt es auf der einen Seite die Eltern, die den Verzicht auf die Windeln propagieren. Auch wenn ein frischgeschlüpfter Wurm keine Vorstellung davon hat, was weiter unten passiert und auch noch nicht mal weiß, dass das das unten auch zu ihm gehört, entwickelt ein Kind scheinbar recht schnell ein Gefühl dafür. So gibt es die Möglichkeit, das Kind von Kleinauf ohne Windeln durch Leben laufen zu lassen. Man lernt schnell die Anzeichen kennen, die verraten, dass sich etwas großes, oder kleines anbahnt und muss sein Kind dann nur noch über die Toilette halten. Eine Option, die nur sehr wenige Eltern wählen. Der Mainstream entscheidet sich für die Einwegwindeln. Die saugstarken Plastik- und Vlies-Verbundstoffe werden den Kindern mehrmals täglich um die Hüften gewickelt. Schon braucht man sich nur noch sehr selten um die Verdauung der kleinen Gedanken zu machen.

Stoffwindeln

Die dritte Option sind Stoffwindeln. Windeln aus Stoff werden heute wieder immer beliebter. Noch vor wenigen Jahren hast man beim Thema Stoffwindeln wahrscheinlich noch voller Mitleid an die Urgroßeltern gedacht. Mühsam musste nach der herzhaften Verdauung der Kleinen die Ausscheidung wieder von der Windel getrennt werden. Zusammen mit der antiken Waschtechnik eine noch größere Herausforderung für die Mutter. Heute sieht das anders aus. Wir haben eigentlich alle eine Waschmaschine, oder zumindest Zugang zu so einem Gerät. Auch rücken Nachhaltigkeit und Umweltschutz zum Glück immer mehr in den Fokus. Daher stellen viele Eltern von den üblichen Plastikwindeln zu Stoffwindeln um. Die Vorteile der Stoffwindeln sind vor allem die Nachhaltigkeit, die reduzierte Umweltbelastung und die geringeren Kosten. Hier ein kurzer Überblick über moderne Stoffwindel.

Stoffwindeln sind nachhaltiger

Bei der Grundsatzfrage zwischen Einweg- und Mehrwegprodukt kann man eigentlich immer davon ausgehen, dass das Mehrwegprodukt besser für die Umwelt ist. Die Produktion muss beim Mehrwegprodukt nur einmal für etliche Verwendungen erfolgen. Das reduztiert die Umweltbelastung. Im Gegensatz zu Einwegwindeln der verschiedenen Hersteller haben Stoffwindeln kaum chemische Bestandteile. Inhaltsstoffe, welche die Haut deines Babys reizen, sind also viel seltener. Das reduziert die Gefahr von allergischen Reaktionen. Die Windel aus Stoff besteht aus den gleichen Materialien wie jedes natürliche Kleidungsstück auch. Baumwolle, Wolle, Hanf, Bambus oder manchmal auch Mikrofaser kommen zum Einsatz. So kommt die Haut des Babys kaum mit Allergenen in Berührung.

Müllberge

Auch wenn es um die Entsorgung geht, haben Stoffwindeln die Nase vorn. Während drei Jahren, in denen ein Kind gewickelt wird, fallen etwa 5.500 bis 6.000 Windelwechsel an. Also auch die entsprechende Menge an Müll. Das entspricht etwa dreißig bis vierzig Badewannen voll gebrauchter Windel. Abgesehen von dem Geruch der von einem solchen Müllberg ausgehen würde, bedeuten Einwegwindel eine Hohe Belastung für die Müllentsorger. Sie machen einen beachtlichen Anteil des Restmülls aus. Durch die extreme Saugfähigkeit sind Windeln auch schwer und feucht und machen in der Müllverbrennung Probleme. Nicht zuletzt ist aber die Produktion der Einwegwindel eine Belastung für die Umwelt, die man mit den mehrfach verwendeten Stoffwindeln reduzieren kann. Zwar verbraucht die Herstellung von Stoffwindeln auch Ressourcen und natürlich belasten sie damit auch die Umwelt. Verwendet man die Windel aber für mehrere Kinder und gibt sie danach vielleicht auch noch weiter, kommt sie hundertfach zum Einsatz.

Stoffwindeln sind auch günstiger

Aber nicht nur bei der Nachhaltigkeit punkten die Windeln aus Stoff. Man kann viel Geld damit sparen. Ein Basis-Set Stoffwindeln gibt es bereits ab 200 Euro. Natürlich gibt es auch bei den Stoffwindeln teurere Qualitäten. Die besten Stoffwinden können bis zu 500 Euro bekommen. Das hört sich vielleicht viel an, im Vergleich zu den Einwegwindeln ist das aber nur ein Bruchteil der Kosten, die man für die Alternative ausgeben müsste. Je nachdem, welche Windelmarke man einsetzt, ob ma sie also im Angebot beim Discounter kauft, oder auf die großen Marken setzt, muss man entsprechend tief in die Tasche greifen. In den durchschnittlichen drei Jahren, die das Kind gewickelt werden muss, kosten die Wegwerfwindeln zwischen 1.500 und 3.500 Euro. Stoffwindeln sind in jedem Fall günstiger.

Kosten für die Wäsche

Einen Kostenfaktor muss man allerdings bedenken. Die Stoffwindeln müssen gewaschen werden. Verwendet man eine halbwegs energiesparende Maschine, dann kostet ein Waschgang etwa 30 Cent. Nocheinmal so viel muss man für Wasser und Waschmittel rechnen. Damit kann man 7 Kilogramm Windeln waschen. Rechnet man im Schnitt mit 500 Gramm pro Windel, dann können 14 Windeln in die Maschine. Das bedeutet, dass die Wäsche pro Windel etwa 4 Cent kostet. Einwegwindeln kosten mindestens 15 Cent pro Stück. Markenwindel oft mehr als 30 Cent. Die Wäsche ist übrigens der entscheidende Faktor. Einerseits kann man hier Geld sparen, wenn man die Windeln nicht einzeln, sondern immer eine ganze Trommel wäscht und andererseits kann man hier auch die Umwelt schonen. Setzt man entsprechend umweltschonende Waschmittel ein und verzichtet darauf, sie elektrisch zu trocknen, dann bringt das Vorteile. Will man tatsächlich unter den Kosten für eine Einwegwindel bleiben, dann sollte man darauf achten, die Stoffwindel nicht nur für ein Kind einzusetzen. Will man ganz korrekt rechnen, dann muss man auch die Müllgebühren berücksichtigen. Allerdings sind nicht nur die Kosten ein Grund sich für die Stoffwindel zu entscheiden.

Tragekomfort bei Stoffwindeln

Stoffwindeln sind, anders als herkömmliche Einwegwindeln, viel angenehmer. Statt aus luftundurchlässigem Plastik bestehen sie aus natürlichen Stoffen, wie Baumwolle, Bambus, oder Schafswolle. Das Atmen ermöglicht, dass die Haut unter der Stoffwindel trocknen kann. In den Plastikwindeln bleibt die Feuchtigkeit eingeschlossen. Dadurch wird Windeldermatitis, oder Windelsoor begünstigt. Spätestens wenn Ausschläge im Windelbereich auftreten sollte man über den Einsatz von Stoffwindeln nachdenken. Nicht jeder Babypopo verträgt die feuchte Luft in der Windel gleichgut. Aber auch die Saugfähigkeit der Einwegwindeln hat einen Nachteil. Zwar werben die Hersteller anschaulich damit, dass die Kleinen Nachts im trockenen liegen, dafür gibt es aber grundsätzlich zwei Ansätze. Was nämlich garnicht erst passiert, muss auch nicht aufgesaugt werden.

Schnelleres Trocken werden

Untersuchungen haben gezeigt, dass Kinder mit Stoffwindeln schneller ein Gespür für ihren Körper entwickeln und damit schneller trocken werden. Natürlich spürt sich ein nasses Stück Baumwolle am Po etwas unangenehmer an, als die supersaugstarken Industriewindel voller Superabsorber. Während also die Einwegwindel, dank ausgeklügelter Chemie, den Kindern das Denken abnimmt und in bester Absicht jedes Pipi rückstandfrei aufnimmt, lernt das Kind nicht, dass Pipi in der Hose nicht OK ist. Aus meiner Praxis kann ich berichten, dass Kinder wirklich schnell lernen, dass sie rechtzeitig zur Toilette gehen, wenn sie keine Windel mehr tragen. Das veranstaltet man am besten im Sommer und draußen, aber so lernen die Kinder, dass es angenehmer ist, mal eben aufs Töpfchen zu gehen, als in die Hose zu pullern. Einen ähnlichen Effekt hat die Stoffwindel.

Ekelfaktor Stoffwindel

Stellt man sich eine gebrauchte Stoffwindel vor, dann kann das schon mal für ein Nasenrümpfen sorgen. Sind Stoffwindel voller Pups und Pipi ekelhaft? Diese weit verbreitete Meinung hält sich hartnäckig. Auch vielen jungen Eltern haben Angst davor übermässig viel mit den Ausscheidungen des eigenen Kindes zu hantieren. (Kleiner Spoiler: Das wird Euch nicht erspart bleiben.) Stoffwindeln sind aber überhaupt nicht eklig. Zumindest nicht ekeliger als die Einwegwindel. In eine moderne Windel aus Stoff kommt eine Einlage. Die Stoffwindel selbst kommt also mit Urin und Kot kaum in Kontakt. Die Einlagen, die man auch Prefold nennt, bekommen die volle Ladung ab. Dieser Teil der Stoffwindel solltet dann dann auch mit hoher Temperatur gewaschen und regelmässig ersetzt werden. Die eigentliche Stoffwindel braucht viel weniger Pflege.

Gute Entscheidung

Dass Stoffwindeln gerade ihr Comeback feiern, ist kein Zufall. Nachhaltigkeit und eine weitaus positivere Umweltbilanz gute Gründe ausgetretene Pfade zu verlassen. Wir wissen heute, dass nicht alles was praktisch einfach und günstig ist, auch die beste Entscheidung darstellt. Stoffwindeln können helfen zu sparen. Wenn die Großeltern und Kollegen, statt in die Windeltorte, in eine Stoffwindel-Grundausstattung investieren, bleibt nur noch die Wäsche als Kostenfaktor. Auch wenn kinderlose Eltern sich vielleicht vor der Wäschemenge fürchten, kann ich als Mutter von 3 Kindern berichten, dass wir jedern Tag eine Waschmaschine waschen. Ich hänge die Wäsche in der Wohnung und auf dem Balkon auf und habe keinen Trockner. Wenn man Kinder hat, erhöht sich das Aufkommen an Wäsche automatisch. Insgesamt spricht sehr viel für den Einsatz von Stoffwindeln. Einwegwindeln haben ganz klare Nachteile. Sie können die Haut mit ihren Bestandteilen und dem Luftabschluss reizen, sind schlecht für die Umwelt und den CO2-Fußabdruck und sorgen dafür, dass die Kinder später trocken werden. Es scheint also eine klare Entscheidung zu sein.

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