Früher oder später trifft es auch die bravsten, schönsten und tollsten Kinder. Die Trotzphase, oder auch Autonomiephase tobt. Mein Sohn durchlebt sie seit mindestens einem Jahr und es kostet noch immer Nerven, seine Sturheit und seinen Drang sich selbst zu bestimmen auszuhalten!
Burschen trotzen mehr
Zumindest mein Sohn kann es viel viel besser als meine Tochter. Allerdings lässt die Kleinste auch schon ein wenig auf eine ordentliche Trotzphase hoffen. Sie muss sich gegen ihre beiden größeren Geschwister behaupten und macht gerne eine kleine Show, wenn ihr etwas gegen den Strich geht. Sie legt sich auf den Rücken, oder geht auf alle Viere und lässt den Kopf auf den Boden knallen. Das ist allerdings noch harmlos, wenn man es mit meinem Sohn vergleicht. Er ist jetzt dreieinhalb Jahre alt und spinnt oft so, dass die ganze Familie darunter leidet.
Folgen? Nein!
In erster Linie geht es einmal darum, dass der liebe Kleine einfach nicht folgt. Dabei geht es nicht um große Dinge, wie Handgeben, beim Straße überqueren, oder irgendwo nicht raufzuklettern, sondern eine Fülle von Kleinigkeiten, die er über den Tag verteilt einfach nicht tut. Man kann sich den Mund fusselig reden, er tut nicht das, was man möchte. Leg das hin, lass das stehen, oder fass das nicht an endet zielsicher darin, dass das, was man mit der Anweisung verhindern wollte passiert, wenn man nicht rasch dazwischen geht.
Heulen, was das Zeug hält
Muss er dann doch einmal folgen, kann es sein, dass er eine halbe Stunde lang schreit und immer zorniger wird. Schnallt man ihn gegen seinen Willen in seinen Autokindersitz, statt in den seiner Schwester, dann heult er los und heult die gesamte Autofahrt durch. Folgen, oder eben seinen Willen nicht durchsetzen zu können macht ihn einfach fertig. Man sieht richtig, wie er leidet.
geteiltes Leid
Das Problem dabei ist nicht, dass er spinnt, sondern dass seine Schwestern unter dem Verhalten leiden müssen. Einerseits natürlich direkt, weil der Kleine Rotz und Wasser heult und in seiner Wut auch mal handgreiflich gegenüber seiner älteren Schwester wird, die das Pech hat, im Auto neben ihm zu sitzen und andererseits auch indirekt. Indirekt dadurch das mein und das Nervenkostüm meines Mannes tiefe Risse bekommt, wenn der kleine Mann wieder einmal auf seinem Trip ist und Terror macht.
die Trotzphase
Die Kinder lernen in dieser Phase des Lebens, dass sie immer mehr Freiheiten erlangen. Sie brauchen keine Windel mehr und gehen alleine auf Toilette, sie können sich frei und allein in der Wohnung bewegen, sie können essen und trinken, wie wir Erwachsene. Natürlich bekommen sie dadurch den Eindruck, dass sie soweit sind, alles besser können und de Eltern nicht mehr brauchen. Mein Sohn scheint mit dieser Überzeugung zu leben. Er hat kein Problem damit, alleine zu sein und er dreht sich nicht einmal um um sich zu versichern, ob die Eltern ihm folgen, wenn er bei einem Spaziergang seine eigenen Wege geht.
unangenehme Entscheidung
In der Trotzphase geht es dem Kind darum sich durchzusetzen. Das verzwickte an der Situation ist, dass man jeden Tag zahlreiche sehr sehr schwere Entscheidungen treffen muss. Setzt man sich als Mutter durch, bietet dem Radaubruder die Stirn und weist ihn in seine Schranken, dann hat man die oft schwerwiegenden Folgen zu ertragen. Geschrei und Heulen ist da noch das kleinste Übel. Meist randaliert der Kleine dann durch die Wohnung, ärgert seine Schwestern und beginnt irgendetwas zu beschädigen.
Der leichte Weg
Lässt man das Kind in seiner Trotzphase gewähren, dann ist es glücklich und zufrieden. Wenn ich meinem Sohn also nicht bei der zweiten Milchschnitte klar zu verstehen gebe, dass seine Ration eine einzige pro Tag ist und er keine zweite bekommt, dann kann passieren, dass er den halben Kühlschrank ausräumt, Essen nur anbeisst, die Reste am Tisch herumliegen lässt und unterm Strich viel zu viel Zucker zu sich nimmt. Das Ganze läuft aber still und friedlich ab.
Nachhaltig, oder kurzsichtig
Die Versuchung, in der Trotzphase nachzugeben, ist allgegenwärtig und sehr groß. Die Alternative nur den Esstisch aufzuräumen und vielleicht einmal öfter einzukaufen ist mit deutlich weniger Kraftaufwand verbunden, als dem halbstarken Jungen die zweite Portion abzuknöpfen und den lautstarken und ewig anhaltenden Protest zu ertragen. Allerdings stellt sich die Frage, was mehr im Sinne des Kindes ist. Soll ich ihm alles durchgehen lassen, damit er zufrieden und glücklich ist, oder soll ich ihm meinen Willen aufzwingen und seinen brechen?
das Beste für das Kind
Mein Mann und ich sind der Überzeugung, dass es besser für das Kind ist, ihm Grenzen aufzuzeigen. Unserer Meinung nach ist es unser Auftrag ihn bestmöglich auf das Leben vorzubereiten und das Leben ist kein Ponyhof. Der Kleine wird im Laufe seines Lebens immer wieder auf Grenzen und Widerstand stoßen. Wir sind der Ansicht, dass er lernen muss, damit umzugehen und verstehen muss, dass es äußere Zwänge und Regeln gibt, an die er sich halten muss.
Rahmenbedinungen
Auch in der Trotzphase gibt es Regeln, an die sich das Kind halten muss. Abgesehen davon, dass die meisten davon dazu da sind, die Kinder vor Unheil zu bewahren, sind solche Regeln eine gute Vorbereitung auf die Gesetze, die man später einhalten muss und nicht zuletzt auf die Arbeitswelt. Da gibt es nämlich auch einen Chef und auch wenn so ein kleiner Junge in der Trotzphase es eines Tages bis zum Obergeneraldirektor schafft, so ist das sicher noch ein langer Weg und auf dem Weg dorthin ist es wichtig, dass er in der Lage ist, sich in eine Organisation, oder Gesellschaft einzufügen.
Erziehungsauftrag
Die Trotzphase ist nichts anderes, als eine Bewährungsprobe für die Erziehenden. Als Mutter, oder Vater ist man gefordert zu seinen Prinzipien zu stehen und dem Kind Rahmenbedingungen mitzugeben, die einzuhalten sind. Kinder brauchen Rituale, gleiche Abläufe und klare Grenzen, damit sie sich ordentlich entwickeln. Wer in seiner Trotzphase gelernt hat, dass es weiterhilft, wenn man aggressiv wird, schreit, weint, oder irgendetwas kaputt macht, der muss es eben später lernen, dass das so nicht funktioniert. Wer sein Kind also liebt, der bringt ihm bei, wie das Leben abläuft und zeigt auch in der Trotzphase, dass es Dinge gibt, die man nicht ändern kann, egal wie laut man schreit!
So versuchen wir es auch zu handhaben. Auch wenn es oft anstrengend ist. Mein Sohn wird in 2 Monaten 3 Jahre – wir sind also mittendrin. Dein Text ist jetzt über 3 Jahre her, dein Sohn jetzt akso wahrscheinlich um die 7 Jahre alt. Und – ab wann gab es Licht am Ende des Tunnels?
Der Tunnel ist in unserem Fall noch ziemlich dunkel und ganz weit hinten sieht man ein recht schwaches Licht. Wir bemühen uns redlich darum, unserem Sohn weiterhin klare Grenzen zu setzen und die Einhaltung von Regeln zu fordern, aber so ganz ist er in seiner Rolle noch nicht gefestigt. Er hat einen sehr sehr sehr starken Willen und testet seine Grenzen auch heute noch aus. Ob es darum geht, dass er etwas anziehen soll, das ihm nicht gefällt, oder wir ein Programm planen, das er nicht uneingeschränkt gut findet, spielt dabei keine Rolle. Er braucht immer etwas länger, sich in sein Schicksal zu fügen. Leider hat ihm nach ein paar Tagen auch die Schule nicht mehr gefallen und er hat eine Menge Register gezogen, um alle Beteiligten davon zu überzeugen, dass er lieber in den Kindergarten gehen würde. Nach ein paar harten Wochen hat er sich jetzt aber damit arrangiert.
Es ist allerdings einfacher geworden, weil man ihn mit vernünftigen Argumenten überzeugen kann. Den Versuch, seinen eigenen Willen durchzusetzen, unternimmt er aber immer noch regelmäßig. Allerdings stehen ihm seine Schwestern da in nichts nach. Unangenehm ist es nur dann, wenn sich alle drei einig sein, dass sie z.B. nicht in den Zoo gehen wollen. Dann ist es auch heute noch schwierig sich durchzusetzen. Mein Mann und ich versuchen es aber trotzdem…