Es ist toll, drei Kinder zu haben. Die Drei entwickeln sich momentan rasant und ihr Alltag verändert sich laufend. Für mich bedeutet das, dass ich situationselastisch sein muss. Fast jeder Tag bringt neue Herausforderungen. Was heute gilt, kann morgen schon wieder ganz anders sein. Die Schlafenszeiten verändern sich, der Umgang mit Aufgaben ändert sich und es gibt sehr sehr viel Diskussion. Außerdem wachsen sie sehr schnell und die Anforderungen an die Kleidung verändert sich stark. Man merkt, dass eine Veränderung stattfindet und zumindest bei den beiden Größeren die Pubertät einsetzt und vor der Tür steht. Auch die Jüngste verändert ihren Charakter und ihre Prioritäten. Oft bin ich verblüfft von der Weisheit und Reife, die die Kinder an den Tag legen, wenn sie ihren Standpunkt vertreten. Sie stellen Fragen, die mich mit offenem Mund und dem Gefühl, dass ich die Antwort auch gerne haben würde, zurücklassen. Auch ändert sich der Platzbedarf der Kinder. Nachdem Raum in einer Wohnung endlich ist, brauch ich eine Lösung, wenn die Kinder mehr Platz brauchen. So werde ich zur Hochstaplerin.
Melatonin nervt
Mein Melatoninhaushalt ist völlig in Ordnung. Melatonin ist ein Hormon, das in der Zirbeldrüse des Gehirns produziert wird und eine zentrale Rolle bei der Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus spielt. Die Freisetzung von Melatonin wird durch Licht beeinflusst: Bei Dunkelheit steigt die Produktion, bei Tageslicht sinkt sie. Dadurch signalisiert es dem Körper, dass es Zeit ist, sich auszuruhen. Mein Körper kennt das und hat kein Problem damit. Im Winterhalbjahr startet meine Zirbeldrüse gegen 15h voll durch und ich werde langsam, aber sicher müde. Bei Kindern passt das auch noch und meine Jüngste spürt die Bettschwere, wenn der Abend kommt. Wie bei allen Jugendlichen verändert sich auch bei meinen beiden Älteren der Melatoninrythmus. Dieses altertypische Phase Delay sorgt dafür, dass das Melatonin erst viel später, als es eigentlich sollte, seine Arbeit beginnt. Bei mir wirkt es eben, wenn es dunkel wird. Bei den Jugendlichen passiert das erst ein paar Stunden später. Blaues Licht vom Handy-Display, dem PC und dem Fernseher tun ihr übriges. Die junge Zirbeldrüse verhält sich auch altertypisch, verschiebt ihre Aufgabe auf später und chillt erst mal.
Erst mal chillen
Toll, wenn man nichts zu tun hat, oder wenn man es wenigstens schafft, das was ansteht, zu vergessen. Meine Kinder sind Weltmeister darin. Mein Mann kommt Abends mitunter erschöpft von der Arbeit und muss dann noch ein paar Fahrtendienste für die Familie erledigen. Ich bin Abends schlichtweg müde. Die Kinder verdrängen den Ernst des Lebens erfolgreich bis spät Abends. Nicht selten kommen sie dann, wenn sie so richtig richtig müde sind darauf, dass es ja noch die eine, oder andere Sache für die Schule zu erledigen gibt. Also verschieben sie die Pflicht auf den nächsten Morgen, an dem sie ausgeruht und entspannt mal eben 1 Stunde früher aufstehen. Guter Plan, nur die Umsetzung ist dann oft nicht ganz so leicht, wie es am Vorabend wirkt. Außerdem gibt es auch morgens ein massives Problem mit dem Melatonin. Die Stunden, die es wirkt sind gleich, allerdings startet die Wirkung bei mir so gehen 15h und bei den Jugendlichen so gehen 22h. Das sind satte 7 Stunden, die die Kinder am nächsten Morgen später in die Gänge kommen, als ich.
Hausrat
Das, was die Kinder in den frühen 10ern brauchen, ist meistens elektronisch. Sie haben Schulsachen und trotz allem noch geliebte Stofftiere, aber darüber hinaus haben sie wenig Bedarf an Spielsachen. Mein natürlicher Reflex ist es, Dinge, die wir nicht brauchen, abzustoßen. Allerdings schlagen da bei meinen Kindern die Gene ihres Vaters durch. Mein Mann ist ein Weltmeister darin, Dinge mitzubringen. Wenn man ihn lässt, müllt er nach und nach die ganze Wohnung zu. Meist merkt er es nicht, wenn ich Dinge verschwinden lasse, nur hin und wieder sucht er dann etwas. Er erkennt dann meist an meinem Blick, dass ich durchaus weiß, wo das gesuchte Etwas ist, auch wenn ich behaupte, es nicht zu wissen. Aber nachdem er es mir nicht nachweisen kann, kann er auch nichts tun. Bei meinen Kinder ist das leider ähnlich. Sie horten ihre alten Dinge und haben echte Probleme, loszulassen. Bei einem Umzug hätte das Umzugsunternehmen wahrscheinlich große Freude. Wir füllen sicher mehrere Umzugswägen und würden selbst hart gesottene Umzugshelfer an ihr physischen und psychischen Grenzen bringen.
Hoch damit
Jetzt ergibt sich allerding ein Problem. Die Kinder sammeln mit zunehmenden Alter, immer mehr Zeug an. Auf den ersten Blick wunderbar, weil man dann deutlich weniger Grundfläche hat, die man saugen muss, wenn man sich mal in die Kinderzimmer verirrt. Das wars dann aber schon wieder mit den Vorteilen. Nachdem unter den Betten, auf den Regalen und in den Kästen kein weiterer Platz zur Verfügung steht, braucht es kreative Lösungen. Für mich habe ich daher das Hochstapeln entdeckt. Es macht erstaunlich viel Freude, hübsche, stapelbare Kisten anzuschaffen, zu befüllen und damit, bisher ungenutzte Wohnfläche bis unters Dach vollzuschlichten. Tatsächlich ist es nur ein Frage der Kisten, die man anschafft. Es findet sich hinter Türen, neben Schränken und in den obersten Regalen oft noch massig Platz. Als Hochstaplerin macht mir hier keiner etwas vor. Die 2,40 Meter Raumhöhe bekomme ich locker überbrückt. Wie gesagt, es ist nur ein Frage der Kisten, die die passende Höhe und Grundfläche haben müssen. Außerdem sind undurchsichtige Materialien zu bevorzugen. Das sieht einfach aufgeräumter aus.
Nemo finden
Die Problematik darin ist allerdings, dass die wunderschöne und gleichmäßige Optik der gestapelten Kisten, es schwierig machen, etwas zu finden. Schon das Suchen ist anstrengend. Schließlich muss man den ordentlchen Kistenstapel erst einmal auflösen. Danach kann man jede Kiste durchwühlen, bis man sicher sein kann, dass das Gesuchte nicht enthalten ist. Also kann es schon mal passieren, dass ich verwirrt, wie der Doktorfisch Dory, auf der Suche nach etwas meine Runden drehe. Zwar spreche ich nicht walisch, aber ansonsten wirke ich dann wohl ähnlich verpeilt, wenn ich zum dritten Mal vor der selben Kiste stehe und ratlos auf den Inhalt schaue. Aber auch dem kann ich etwas abgewinnen. Bei der Suche finde ich immer wieder etwas, das ich garnicht gesucht habe. So finden sich die gesuchten Gegenstände dann doch. Zwar ist es dann meistens zu spät, aber mich beruhigt es dann doch ungemein. Vielleicht werde ich, wenn ich meine Hochstapel-Kunst perfektioniert habe, eine neue Fertigkeit lernen. Ich denke, dass die Kunst des Beschriftens mir durchaus Freude machen könnte. Mal sehen.
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