Man kommt heute an vielen Themen einfach nicht mehr vorbei, wenn man den Fernseher einschaltet. Dabei ist es bei den Programmverantwortlichen auch ganz klar, dass die Nachfrage das Angebot bestimmt. Je nach Sender und der auserwählten Zielgruppe bekommt man also das, wofür man sich interessiert. Scheinbar gibt es also ausreichend viele Menschen, die sich gerne Hartz 4 Empfänger ansehen, Frauen beim Einkaufen zusehen und beobachten, wie Frauen und Mütter sich in fremden Familien zurechtfinden. Neben den erfahrenen Sterneköchen, die Restaurants umgestalten und anderen Formaten rund um das Kochen, gibt es einen Bereich, dem gleich mehrere Sendungen auf unterschiedlichen Sendern sich widmen. Hochzeit, Heiraten und vor allem Brautmoden und Bräute. Ein ganz spannendes Thema, das auch ich mir gerne immer wieder einmal ansehe.
Projekt Brautmoden
Als mein Mann und ich geheiratet haben, habe ich es mir eigentlich nicht so schwer gemacht. Wir hatten einen konkreten Plan zu unseren Outfits und ein Teil davon war, dass ich nicht in Weiß heirate. Also habe ich mir ein hübsches Kleid in violett gekauft und mein Mann hat seine Krawatte darauf abgestimmt. Wenn ich jetzt aber darüber nachdenke war auch diese recht einfache Sache in Wirklichkeit ein mittelgroßes Projekt. Wir haben alles, was in der Nähe meiner damaligen Wohnung lag, abgeklappert und sind von Maribor bis Bratislava auch im Ausland auf der Suche nach einem passenden Kleid gewesen. Letzten Endes sind wir dann in Wien fündig geworden. Ich bin nicht das klassische Mädchen, wenn es um mein Outfit geht und ich trage in erster Linie bequeme Sachen. Unsere Hochzeit war durchaus ein schönes Fest mit viel Planung rundherum und etlichen geladenen Gästen, aber so richtig ernst haben wir es nicht genommen. Zumindest nicht so ernst, wie viele der Protagonistinnen in den Brautmodensendungen.
Reiche Bräute
Was mich am allermeisten bei all diesen hübschen Bräuten wundert, ist das Budget. Im besten Fall ist eine Hochzeit natürlich eine einmalige Sache und ein unwiderbringlicher Moment, aber wenn ich mir manche Sendungen ansehe, in denen auch über das Budget gesprochen wird, da sträubt sich etwas in mir. Dreitstellige Beträge pro Gast werden da investiert, damit die Verwandten und Bekannten sich einen schönen Tag auf Kosten des Brautpaares machen können. Für die Brautmoden gibt es oft Budgets weit über Tausend Euro und meistens sprengt das Kleid, das als das Kleid bezeichnet wird, auch den ursprünglichen Rahmen. Unsere Hochzeit war nicht billig, aber wir haben es nicht übertrieben. Es war unser Tag und unsere Feier. Dazu haben wir zwei Lokale ausgewählt. Eines, in das wir damals regelmäßig essen gingen und unser Stammlokal. Dass unser Stammlokal am kleinen Bahnhof meines damaligen Wohnorts lag, war uns völlig egal.
Mein Tag
Ich habe den Eindruck, dass die meisten Bräute ein falsches Ziel haben. Man steht als Brautpaar im Rampenlicht und alle Blicke sind auf Braut und Bräutigam gerichtet. Daher bemühen sich viele Paare darum, eine gute Show zu bieten. Es kommt auf den Tisch, was der Oma am besten schmeckt, man wählt das Lokal, das der neue Schwiegervater so mag und versucht außerdem die bisherigen Hochzeiten in der Familie und dem Freundeskreis zu übertreffen, oder ihnen wenigstens auf Augenhöhe zu begegnen. Der Fokus richtet sich in der Planung oft auf die Gäste. Die Location, das Essen und auch auf das Kleid. Auch wir haben unseren Hochzeitsgästen etwas geboten und natürlich haben wir bezahlt, aber wir haben das gemacht, was wir wollten. Dass das nicht allen recht war und auch nicht alle gekommen sind, hat für uns keine Rolle gespielt. Es ist und bleibt mein Tag und ganz ehrlich behalte ich den Tag besser in Erinnerung, wenn es ein paar nette Fotos gibt, als wenn ich die ersten zehn Ehejahre jeden Monat mit der Abbuchung der Kreditrate an das rauschende Fest und das tolle Kleid erinnert werde.
Wohlfühlfaktor
Eine Sache ist leider eine Tatsache. Man trägt das Brautkleid nur ein einziges mal. Warum also eine Hypothek dafür aufnehmen? Es gibt viele günstige Angebote und statt zusammengeschnürt den ganzen Tag nichts zu trinken, weil man beim Toilettengang zumindest drei Freundinnen und 45 Minuten Zeit braucht, kann doch nicht der Sinn sein. Stattdessen kann man sich auch ein wunderschönes und bequemes Kleid besorgen und die Brautschuhe günstig kaufen. Schließlich geht es bei der Hochzeit um etwas ganz anderes, als um das Brautkleid. Was uns solche Fernsehsendungen vermitteln ist, dass eine Hochzeit daran gemessen wird, wie lecker das Essen, wie prachtvoll die Räumlichkeiten und wie aufregend das Hochzeitskleid ist. Das ist falsch. Eine Hochzeit wird daran gemessen, dass die richtigen beiden Menschen sich dazu entscheiden zu heiraten. Sind beide über diesen Schritt uneingeschränkt glücklich und zufrieden, dann können sie auch barfuß, oder in Flip-Flops heiraten und nach der Hochzeit einfach heim gehen. Solange die beiden sich in allem was sie tun einig sind, ist es eine perfekte Hochzeit. Nicht für jeden, aber eben für das jeweilige Paar.
Priorität 1
Was viele Paare, oder zumindest die, die sich im Fernsehen um eine perfekte Hochzeit bemühen, falsch machen, ist das Setzen der Prioritäten. Es mag sein, dass es Menschen gibt, die sich in großen Hallen in alten Schlössern besonders wohl fühlen. Für alle anderen ist es nicht sinnvoll, dort ihre Hochzeit zu feiern. Gibt es ein Lokal, zu dem man einen Bezug hat, wo man die Betreiber kennt und wo man öfter auch mal essen geht, ist das auf jeden Fall die bessere Wahl. Die oberste Priorität sollte bei der Hochzeit immer das Brautpaar haben. Ist es meine Feier und fühle ich mich als Braut genauso wohl, wie mein frisch gebackener Ehemann, dann hat meine Hochzeit 10 Punkte verdient. Gibt es Gäste, die etwas daran kritisieren, dann haben sie nicht verstanden, was gefeiert wird.
Tradition
Es gibt viele Traditionen rund um Hochzeiten und viele davon bedeuten Kosten und Aufwand für das Brautpaar. Meiner Meinung nach spricht überhaupt nichts dagegen, mit vielen der Traditionen zu brechen. In erster Linie feiert man den Bund fürs Leben, den die beiden Hauptakteure geschlossen haben. Dass bei der Feier das Lieblingsessen des Bräutigams gereicht wird und die Musik ganz nach dem Geschmack der Braut ist, ist doch völlig klar. Die Gäste sind dazu da, den beiden zu gratulieren und mit ihnen zu feiern. Ist die Braut mit ihrem Brautkleid zufrieden und fühlt sich das Brautpaar wohl, dann ist das genau der Sinn der Feier. Viele der Formate rund um Brautkleider und Hochzeiten vermitteln leider einen ganz anderen Eindruck. Die versammelte weibliche Verwandtschaft entscheidet, welche Kleid die Braut tragen wird, oder die Gäste ziehen Punkte ab, weil die sechste Vorspeise zu kalt und der Nachtisch ohne vegane Alternative serviert wurde. Das mag in einer Fernsehsendung ganz unterhaltsam sein, aber im echten Leben und vor allem an Deinem großen Tag darf das nicht so sein.
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