Man könnte sich als Mutter von drei kleinen Kindern fast als leidgeprüft bezeichnen. Natürlich ist die Kindererziehung kein Leid, aber romantisch verklärt sehen die ersten Kinderjahre nur die, die keine Kinder haben. Ausnahmen bestätigen hier die Regel. Ein paar Mütter gibt es sicherlich, die mit zwei lachenden Augen auf die Zeit zwischen 0 und 10 zurückblicken. Die meisten Mütter tendieren zu maximal einem lachenden, meist sogar zu zwei weinenden Augen. Kinder haben sehr viele gute Eigenschaften und sie bereichern das Leben. Allerdings ist Mutter ein Fulltime-Job und Job ist nichts anderes, als eine hippe Bezeichnung für Arbeit.
Schöne erste Zeit
Wer quirlige Kleinkinder daheim hat, der sehnt sich nicht selten nach den ersten Lebenswochen zurück. Ein Neugeborenes zeigt erfreulich wenig Eigeninitiative. Man legt es behutsam ab und kann sich sicher sein, dass es 10 Minuten später immer noch exakt dort liegt. Die Bedürfnisse der Kleinen sind einfach zu durchschauen. Es gibt wenig mehr, als Hunger und schmerzhafte, oder zumindest unangenehme Wahrnehmungen. Eine volle Windel, Blähungen und Kälte sind Faktoren, die man schnell lokalisiert und meist auch schnell behebt. Ist das Kind satt, liegt es weich und trocken, passen die Temperatur, die Lichtverhältnisse und die Geräuschkulisse, dann ist die Welt in Ordnung. Dummerweise ändert sich die Definition von „in Ordnung“ mit der Zeit.
Entwicklungsschübe
Die ersten 4 Wochen lässt sich der neue Mitbewohner leicht abspeisen. Man lernt sich kennen und findet heraus, wie man das Baby glücklich macht. Ab der 5. Woche setzt allerdings eine Veränderung ein. Hat das Baby bisher wenig von seiner Umwelt bewußt wahrgenommen, fängt es jetzt damit an. Das ist toll. Es reagiert auf äußere Einflüße und ab dem 3. Monat nimmt es Mama und Papa schließlich aktiv wahr. Die Entwicklungsschübe bei Babys laufen dann nacheinander ab, bis das Kleine schließlich 1 Jahr alt ist. Meistens merkt man deutlich, dass etwas im Busch ist. Die Kleinen sind quengelig und unruhig. Ihr Verhalten ändert sich und sie sind insgesamt anstrengender als sonst. Dann plötzlich ist wieder alles normal und das Kind kann etwas, das vorher noch nicht da war. Eine neue Kompetenz, die sich da in einer anstrengenden Phase gebildet hat. Die Entwicklung läuft also nicht linear, sondern in Schüben ab.
Babyelefanten
Wir haben drei kleine Kinder, die parallel, aber asynchron, Entwicklungsschübe hinter sich gebracht haben. Dabei geht es bei den Kleinen immer darum, dass sich auch körperlich viel verändert. Dinge werden erst mit der Zeit möglich, wenn der Körper sich entsprechend entwickelt hat. Die Muskeln müssen stark genug sein, das Kind zu tragen. Das Gehirn muss in der Lage sein, Bewegungsabläufe zu steuern. Kinder lernen ihren Körper wahrzunehmen. Besonders gut sieht man das übrigens bei kleinen Elefanten und ihrem Rüssel. Im Rüssel müssen etwa 40.000 Muskeln koordiniert werden. Eine Aufgabe, die extrem anspruchsvoll ist. Deswegen baumelt der Rüssel beim kleinen Elefanten ziemlich unkontrolliert herum. Wir Menschen haben so ein komplexes Multifunktionsorgan zwar nicht, aber auch für unsere recht einfachen Extremitäten braucht man viel Übung, will man sie richtig einsetzen.
Schubweise Entwicklung
Irgendwann, so mit 1-2 Jahren beherrscht das Kind seinen Körper. Bis es schulreif wird, lernt es zwar noch viel dazu und etwa die Fingerfertigkeit wird noch gesteigert, aber im Prinzip kann das Kind seinen Körper voll umfänglich nutzen. Es läuft, klettert, springt und was Kinder sonst noch so tun. Wer glaubt, dass er jetzt die anstrengenden Phasen hinter sich hat, der hat sich aber getäuscht. Die großen Umbauten im Gehirn sind vermeintlich abgeschlossen. Allerdings entwickelt sich das menschliche Gehirn munter weiter. Nach den ersten 20 Lebensjahren ist die Entwicklung noch immer nicht ganz abgeschlossen. Die Entwicklungsschübe der Kinder finden auch nach den ersten beiden Lebensjahren noch regelmäßig statt. Sie lernen zwar wenig neue motorische Fähigkeiten, aber trotzdem entwickeln sie sich schubweise weiter.
Persönlichkeit
Jedes meiner Kinder hat einen ganz eigenen Charakter. Besonder dann, wenn man mit ihnen alleine ist, merkt man deutlich die Unterschiede. In der Gruppe verhalten sie sich völlig anders. Sie haben dann einen Platz, den sie einnehmen, ordnen sich den anderen unter und passen sich an. Auch in der Kita, oder der Schule verändern sie sich, um mit den anderen auszukommen. Meine Jüngste hält sich stark an ihre Pädagogin in der Kita und bemuttert kleinere Kinder. Mein Sohn behauptet sich, nachdem er im letzten Kindergartenjahr einer der Ältesten ist, seine Rolle als Großer und beeindruckt die Kleineren mit Imponiergehabe. Meine Älteste ist mittlerweile in der zweiten Klasse. Sie hat viele Freundinnen und Freunde und wenig Konflikte. Bringe ich sie morgens zu früh zur Schule, dann wartet sie nicht neben mir, sondern geht zu ihren Freundinnen um sich angeregt zu unterhalten. Die Entwicklung schreitet aber immer weiter voran.
Anstrengende Entwicklung
Ist man alleine mit dem Kind unterwegs, was selten genug möglich ist, dann merkt man, wie erwachsen sie bereits sind. Die Zeit, in der sie als Kleinkind durch die Wohnung krabbelten ist noch nicht lange her. Sie haben interessante Gedanken und philosophieren über Zusammenhänge, sowie Ursachen und Wirkung verschiedenster Dinge. Sie hinterfragen Verhaltensweisen und Aussagen der Erwachsenen und werden immer kompetenter. Allerdings hat sich, trotz vieler reifen Gedanken, eine Sache noch nicht verändert. Die Entwicklungsschübe sind nach wie vor von anstrengenden Phasen begleitet. Statt still etwas dazuzulernen und sich Tag für Tag neue Fertigkeiten anzutrainieren, lassen sie immer noch viele kleine Entwicklungen zu einer großen Entwicklung zusammenkommen. Noch immer ist die Zeit, bevor sie sich entscheiden, sich zu entwickeln anstrengend und für eine, oder zwei Wochen spinnt das Kind einfach.
Abwechselndes Spinnen
Kinder brauchen Rituale. Es gibt ihnen Sicherheit und macht die Abläufe reibungslos. Also machen wir jeden Tag, etwa Morgens, wenn wir rausgehen, oder Abends, wenn die Kinder zu Bett gehen, dasselbe. Zumindest versuchen wir das. Die Entwicklungsschübe, oder eigentlich die verrückte Phase davor machen uns dabei fast immer einen Strich durch die Rechnung. Da passt die Hose meines Sohnes plötzlich nicht, oder die Schuhe drücken. Plötzlicher schrecklicher Durst tritt bei der Kleinsten auf, wenn wir eigentlich fertig sind und gerade losgehen wollen. Ohne 3-4 Stofftiere will sie das Haus nicht verlassen. Schule ist doof und der Schulranzen viel zu schwer. Statt sich anzuziehen werfen sich die Kinder zu Boden, oder verschanzen sich in ihren Zimmern. Mit einem Wort: Sie sind anstrengend!
Arme Kinder
So anstrengend das ist, so verständlich ist das wohl. Ein winziger unbeholfener Säugling, der mit knappen 3 Kilo wenig mitbekommt entwickelt sich in wenigen Monaten zu einem aktiven und wissbegierigen kleinen Menschen. In der ersten Zeit müssen sie nicht nur die Welt um sich begreifen. Sie müssen auch die seltsamen Laute, die die Eltern von sich geben, deuten lernen. Das Wesen der Sprache mit all ihren Regeln und den vielen Wörtern muss verstanden und gelernt werden. Körperfunktionen müssen als solche erkannt und kontrolliert werden. Sie müssen sich selbst als Mensch wahrnehmen und ihren Platz in der Familie einnehmen und festigen. Würde man selbst einen fremden Planet, voller fremdartiger Wesen bereisen und müsste sich dort ohne Hilfe zurechtfinden, wäre es wohl vergleichbar. Dabei haben wir Erwachsene ganz andere Möglichkeiten abstrakte Gedanken zu denken. Kombiniert man einen Umzug in eine fremde Welt noch mit einem unglaublichen Wachstum und einer gewaltigen Gewichtszunahme, dann hat man das, was den Kindern passiert.
Romantische Verklärung
Wenn man Abends gemütlich vor dem PC sitzt und ein paar Gedanken zu einem Blogbeitrag zusammenstellt, klingt es eigentlich völlig klar und verständlich. Es wird klar, welche große Verantwortung man als Mutter trägt. Man hat die Aufgabe die Kleinen in dieser schwierigen Zeit zu begleiten. Die vielen Reize, die sie noch nicht kennen, die vielen ersten Male, die sie in ihrem Leben jeden Tag erleben, sind einzigartige Erlebnisse. Erlebnisse, die ihnen Angst machen und sie überfordern können.
Große Aufgaben
Als Eltern hat man die schöne Aufgabe den Kindern zu helfen sich in der ständig wachsenden und sich verändernden Welt zurecht zu finden. Man gibt ihnen den Freiraum sich zu entwickeln und sorgt gleichzeitig für ihre Sicherheit. Abends, wenn man gemütlich vor dem PC sitzt ist das eine wunderbare Sache. Wenn sie wieder einmal einen anstrengenden Entwicklungsschub vorbereiten und uns mit ihrem Verhalten gezielt den allerletzten Nerv ziehen sieht es allerdings anders aus. Dann weicht die romantische Verklärung und das Bewußtsein über die große Verantwortung dem ganz normalen täglichen Wahnsinn. Den Wahnsinn, den man nur in Kauf nimmt, weil man seine Kinder unglaublich liebt (und weil sie spätestens in 15 Jahren ausziehen 😉 ).
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